Woche Eins – Teil 2/2

Tag 5, 25.1

Mit Anahit und Roman bin ich nach dem Unterricht zum Basar in Tajrish gelaufen, um Gemüse und andere Lebensmittel zum Kochen einzukaufen. Auf dem Weg kamen wir an einem Laden vorbei, der die ausgezeichneten Süßigkeiten verkauft und haben uns dann dort eingedeckt. Nachdem Anahit und ich noch in einigen Bücherläden, in denen es viele alte Bücher in den unterschiedlichsten Sprachen und bestimmt auch noch einige Schätze, haben wir ein Sammeltaxi zurück zum Wohnheim genommen.
Eigentlich hatte ich vor, einen Schneefrau mit Kopftuch zu bauen, aber da es nicht mehr geschneit hatte, musste ich das Vorhaben auf Eis legen. Stattdessen trafen Roman, Anahit und ich uns während einer Lernpause bei uns im Zimmer zum Tee und Süßigkeiten naschen. Da diese so gehaltvoll sind, wurde aus dem Kochen nichts.

Tag 6, 26.1

Der Tag verlief wie die anderen auch: Unterricht, Basar, aber diesmal sind Roman und ich mal mit dem Bus nach Hause gefahren. Das dauert jedoch genauso lange, als wenn wir laufen würden – nämlich knapp eine Stunde. Allerdings rast irgendwie die Zeit hier total. Von A nach B zu kommen benötigt auf Grund des extrem chaotischen Verkehrs ewig und auch sonst scheint alles länger zu dauern. Obwohl zum Beispiel in Wechselstuben oder Läden immer mehrere Leute zu arbeiten scheinen, obwohl keine Kunden zu sehen sind, wird alles gemächlich erledigt.
Jedenfalls waren wir 17 Uhr im Wohnheim. Das hatte folgenden Vorteil: Im Internet konnte man noch mit DSL 50 000 surfen. Da die Seite der ARD nicht gesperrt ist – von den großen deutschen Nachrichtenseiten ist merkwürdigerweise nur sueddeutsche.de blockiert – war der Tatort für den Abend schnell auf meinem PC. Nach der obligatorischen Unterrichtsnacharbeitung kochten wir dann die am Vortag gekauften Nudeln mit Gemüse und vielen Kräutern, die einem hier hinterher geschmissen werden.
Dann wurde der Tatort von Roman und mir geschaut und ich vergaß für 90 Minuten, 4000km entfernt in einem komplett anderen Kulturkreis zu sein. Wir ließen den Tag aber nicht beim Tatort beruhen und lernten noch bis 2 Uhr morgens.

Tag 7, 27.1

Endlich mal ein ganz normaler Tag.
Nach der Schule wollte ich direkt nach Hause. Roman traf sich mit einer Freundin und Anahit ging mit einem anderem Russen zu einem Zoroastrischen Tempel. Ich bin also zum Wohnheim gelaufen und wurde von Nilufar, einer Afghanin, die Tochter eines Politikers ist und momentan in Dubai auf der Palme wohnt, begleitet. Dabei sind wir an einem sehr coolen Bus, den ich schon ein paar Tage zuvor auf dem Weg zur Schule aus dem Fenster sah, vorbeigekommen. Ich musste sofort Fotos machen und der Fahrer hat sich noch einmal extra schick gemacht.
Beim Bäcker habe ich noch schnell ein Brot gekauft und musste auf dem Zimmer feststellen, dass der Bäcker, der beim Verkauf etwas Brot gegessen hatte, dieses Stück von meinem abgezwackt hatte… Außerdem variieren die Brotpreise extrem. So liegt die Preisspanne von ein und demselben Brot von 5000 (13 Cent) bis 10 000 (25 Cent).
Abends um 22 Uhr, nach den Hausaufgaben, habe ich den Tag dann mit Joggen zur Towchal Bergstation ausklingen lassen. Es waren noch erstaunlich viele Leute, meist junge Pärchen oder kleinere Gruppen unterwegs. Doch an die Höhe habe ich mich anscheinend immer noch nicht gewöhnt. Trotzdem ist diese Strecke weniger der Luftverschmutzung ausgesetzt und um diese Uhrzeit fahren auch keine Autos mehr die Straße entlang, sodass ich dort bestimmt öfters laufen gehen werde.

Tag 8, 28.1

Heute war mit Abstand der schlechteste Schultag bis jetzt. Ich hatte das Gefühl, als ob ich eine Woche gefehlt hätte. Ich konnte dem Unterricht nicht wirklich nicht wirklich folgen und zum Glück ging es Roman genauso. Hmmm egal, jetzt steht das Wochenende an, da kann der Rückstand dann wieder aufgeholt werden. Während einige nach Esfahan fahren, werden Roman, Nulifar und ich ein bisschen wandern gehen. Die Berge liegen ja wirklich direkt vor der Tür. Ausflüge (u.a. nach Esfahan und ans Kaspische Meer) werden dann bestimmt ab nächstem Wochenende stattfinden. Heute wird entspannt.

Hintergrundbild: Lustiger Bus, 2015 all rights reserved


 
Am Rande

Week One – Part 1/2

Day 0-1, 20.1.-21.1.2015, Berlin-Kyiv-Tehran

At 14.50 I flew with an Embraer 190 from Berlin-Tegel to Kyiv. There I had a stop-over of two hours, until I continued with the exact same air plane as before to Tehran. I have never experienced such an empty plane: Not even 2/5 of the seats were reserved and I was the only one from „the West“. Apart from three Ukrainians all other passengers were Iranian.
Having arrived in Tehran at Imam Khomeini Airport (IKA) at 1.30am, I had no problems with the entry at all. Then I sat down reading for three hours until Anahit, with whom I was appointed, arrived from Moscow respectively Istanbul. We chatted till 6.30 and then took a taxi into town (650 000 Rial – 13€). The view was amazing, since the sun just rose and let the snowy mountains shimmer in a soft pink.
After having finished the bureaucracy, we exchanged money. The course was 1€:40 000IRR, I exchanged 450€, so for a short time I became a multi millionaire. Then we drove to the dormitory, brought our luggage on the rooms and took a nap for two hours. Still tired we walked to Tajrish to buy SIM cards and food on the basar. Before going exhausted to bed, we drank a tea opposite the dorm where one of three young girls surprisingly didn’t give anything on the hijab obligation.

Day 2, 22.1, Tehran

After a long sleep until 11 am (7.30 UTC), I met one of my two room-mates Roman. He’s a 42-yo Austrian and doesn’t know any Farsi. This fact was going to qualify him to be in the same class as I would be in. He’s a super cool guy.
We went to the bakery which is fortunately just across the street and offers fresh bread any time of the day. After breakfast we met with Zari, whom I met for the first time four years ago. We walked all the way – it was a long walk and made a detour via our language school. At Zari’s we ate dinner and chatted. After having walked back to the dorm again we went to bed quite exhausted.

Day 3, 23.1

At noon Arne arrived, who is the last room-mate. I didn’t do much. I walked to Tovchal (or Tochal) cabin station with Roman. It is the starting point for skiers and snowboarders who can go up to 4000m. In the evening two friends of Arne, Maren and Renate, came over and prepared a simple German potato salad.

Day 4, 24.1

It was the first day of school. We had to be there at 8 o’clock. On the bus we took, Kazim talked to me. It appeared he had worked in the Iranian Consulate in Frankfurt 50 years ago. He could still speak very good German and insulted the „dirty mullahs“, what fortunately was understood by nobody else.
During the class it snowed non-stop. The classes are Saturday to Wednesday from 9 till 12; with a break from 10.15 to 10.45. At first the teacher taught us a part of the Persian Alphabet and made Roman going crazy because of her beauty. I got to know a funny Chinese girl, Zhihui, who’s always in a good mood, laughs a lot and likes Indian and Pakistani guys very much.
After class I met with Zari again. When I returned to the dorm, I made my homework: One line for each new learned word (there were 30) to practice writing. Although I could still write the letters quite well, it took a long time.
Though in the end I still went running. Since Velenjak – the quarter where the dorm is located – is at 1200m height, I was exhausted faster than usual and of course I ran a great detour. In addition even in the evening the air is still polluted, so running outside is rather bad for one’s health in Tehran. Unfortunately the pavements are in a bad shape from time to time as well, being interrupted by constructions. That’s why I usually ran on the street since there were not that many cars at 11pm. Still I was horned at a couple of times. But I don’t care: Only because of some little obstacles I won’t let a part of my free western lifestyle be taken away from me.

Background picture: Tehran at night, view from the dormitory in Velenjak, 2015 all rights reserved

Wie alles begann

Das Jahr 2014 war einmalig und vielleicht das bisher beste überhaupt. Es lag auch daran, dass ich meine Zeit, in der ich beschäftigt war, auf einen bestimmten Zeitraum konzentrieren konnte und dann entsprechend viel Freizeit zur Verfügung hatte. Reisen zu Russlands neuer Errungenschaft – der Krim – sowie eine 700km-Fahrradtour durch Deutschland, Trampen durch Südwesteuropa und spontane Ausflüge nach Schweden und in die USA sprangen dabei heraus.
Aber natürlich konnte es so nicht weitergehen. Deshalb hatte ich mich Ende Oktober für den ersten von sechs Sprachkursen (Farsi bzw. Persisch) in Teheran (Iran) beim Dehkhoda Lexicon Institute beworben.

Erst als ich am 22. Dezember nach Hause getrampt bin, habe ich die endgülitge Teilnahmebestätigung bekommen. Einen Tag vor Silvester gab ich also meinen Pass ab. Am 7. Januar holte ihn dann mein Papa ab – inklusive Visum! Ich buchte sofort den Flug nach Teheran über Kiew mit Ukraine International Airlines für den 20. Januar – in Teheran am IKA würde ich dann am 21. um 1.30 in der Früh ankommen.

Aber ich musste natürlich noch irgendwie meine Sachen aus meinem Raum in Karlsruhe räumen. Zum Glück hatte ich nur ein Bettsofa, einen Schreibtisch, einen kleinen Tisch und eine Art Regal. Verkauft habe ich das Bett und das andere auf den Sperrmüll geschmissen – hatte ich eh kostenlos bekommen.

Am 14. Januar habe ich dann Abschied von Karlsruhe genommen, brach mit viel Gepäck per Bahn Richtung Berlin auf und ließ zwei großartige Jahre mit neuen Freunden und schönen Momenten zurück.

Ach ja, und das Ganze ist kein Urlaub; ich mache das nicht aus Spaß und Langeweile – jedenfalls nicht zu 100%.

Wenn es zu irgendwas Fragen oder Wünsche gibt, schreibt einfach eine Mail (blog@johannes-nickel.de) oder einen Kommentar oder abonniert den Newsletter.

Hintergrundbild: Indianerbrunnen mit Bierkasten, Werderplatz, Südstadt, Karlsruhe – 2015, all rights reserved