Woche 21-22 – No problem? – Yes problem!

Wochen 21-22, 5.9 – 18.9

In der Woche ist wieder wenig passiert. Das Wochenende wollte ich dann endlich dazu nutzen, Bewerbungen zu schreiben.Am Mittwoch (9.9) war ich bei Freunden zu einer Geburtstagsfeier eingeladen.
Um 22.30Uhr nahm ich dann den Bus nach Hause. Er war extrem voll und das will schon war heißen für Teheraner Verhältnisse. Trotzdem quetschte ich mich noch hinein. Davor nahm ich noch war, dass ich eine Nachricht erhalten hatte – die konnte bis zum Aussteigen warten. Ich stieg also aus und wollte die Nachricht beantworten – nur war leider das Handy nicht mehr in meiner Tasche! Auch mein Portemonnaie hing halb aus meiner Tasche – da war wohl jemand gierig. Ich rannte also dem Bus hinterher, holte ihn aber nicht mehr ein. Polizisten, an denen ich vorbeirannte und denen ich mein Problem schilderte taten nichts, außer dämlich zu grinsen und zu fragen, wo ich herkam. Aber es war natürlich auch eine naive Annahme war, dass sie etwa den Bus verfolgen, anhalten und die Passagiere nach meinem Telefon absuchen (es war nur der Vibrationsalarm eingeschaltet) würden, nur, weil ein ein Ausländer behauptet, sein Handy sein dort geklaut worden. Selbst in Deutschland nicht möglich. Ich begab mich trotzdem zur Endhaltestelle, denn eventuell ist es mir ja nur aus der Tasche gefallen. Aber in den dortigen Bussen lag kein Handy. Die Polizei dort vor Ort war auch nicht hilfreich, ich musste mich an Verkehrspolizisten wenden. Diese waren hilfsbereiter und erklärten mir, ich müsse mich an den Polizeidistrikt wenden, in dem ich ausgestiegen bin, also am Enghelab Platz. Das hieß, ich musste wieder zurück. Mittlerweile war es schon 23.30Uhr. In dem kleinen Polizeihäuschen in Enghelab saß ein junger Soldat, der seinen Vorgesetzten informierte. Bis der dann kam verging bestimmt noch einmal eine dreiviertel Stunde. Ich bekam dann einen Zettel ausgehändigt, mit dem ich mich dann am nächsten Tag an die Polizeidienststelle wenden sollte. Ich hoffte, dass die Tür im Wohnheim offen war, denn ich hatte nun wirklich keine Lust wieder die Nacht draußen zu verbringen, aber zum Glück war sie offen.
Am nächsten Tag (Donnerstag) begab ich mich dann also zur Polizei, musste einen Wisch unterschreiben und sollte dann mit einer Kopie der Rechnung etc wiederkommen. Ich war froh, Farsi sprechen zu können, denn keiner konnte Englisch…
Den übrigen Tag verbrachte ich bei Zari und als ich am Abend zurückkehrte, kaufte ich mir ein neues Telefon, SIM-Karten hatte ich ja noch genug und die Kontakte hatte ich auch gespeichert. Von daher habe ich eigentlich wirklich nur Geld verloren, aber für 57€ habe ich dann ein gebrauchtes HTC Desire 310 mit 16GB Speicherkarte bekommen – kein schlechter Deal.
Am Freitag (11.9) richtete ich dann das Telefon weiter ein, traf mich mit Zhihui und ging am Abend mit meinen Mitbewohnern und ein paar anderen in ein Café.
Das Verfolgen des Busses im Sprinttempo, verbunden mit der dazugehörigen Atmung, sorgte für die nächste Woche für erhebliche Hustenanfälle.

Am Samstag kaufte ich dann wieder Internet und Gesprächsguthaben. Leider nahm ich auch eine Softwareänderung vor, die schief ging, sodass mein Telefon nicht mehr anging – das lief ja alles spitzenmäßig. Am Sonntag ging ich also wieder bis zum Abend zu Zari und um 2.30Uhr am Montagmorgen hatte ich das Telefon wieder betriebsbereit gemacht.
Das war gut, denn so konnte ich mich am Dienstagabend (15.9) zur Eröffnung einer Kunstausstellung im Museum für Zeitgenössische Kunst verabreden.
Das folgende Wochenende (17. und 18.9) war dann endlich mal einigermaßen ruhig. Am Donnerstag ging ich zu Freunden einer Bekannten und am Freitag lernte für die Zwischenprüfung.


Ich möchte auch noch etwas zum Nahverkehr des Nachts sagen. In Teheran gibt es fünf Metrolinien und sechs Schnellbuslinien (BRT – Bus Rapid Transport). Die Metro verkehrt von ca. 5.30Uhr bis 22.30Uhr, die BRT-Linien aber Gott sei Dank 24 Stunden, 7 Tage die Woche. Das BRT-Netzwerk deckt einen Großteil Teherans ab. Dadurch kann man sehr gut auf eine Taxifahrt verzichten. Ein weiterer dicker Pluspunkt ist, dass die Busse nachts noch sehr regelmäßig fahren. So musste ich nie länger als 10 Minuten warten!

BRT-Liniennetz (Stand September 2015)
Metro Liniennetz

Woche 20 – Und wieder grüßt der Ayatollah

„Woche“ 20, 24.8 – 4.9

Teheran hat mich nach meiner Kaukasusreise (Schöner Kaukasus) und 2-wöchigem Deutschlandaufenthalt wieder und ich habe beschlossen, größtenteils nur noch kleinere Alltagsgeschichten oder Anekdoten zu notieren; alles andere ist doch nur langweilig.
Am Abend des 24. Augusts (Montag) sollte es also wieder zurück nach Teheran gehen. Allerdings verspätete sich der Flug und wurde nach Dresden umgeleitet. Ich bekam einen Gutschein über großzügige sieben Euro, mit dem ich zwei Halbliterflaschen Cola kaufen konnte und noch zwei Schokoladenstücke obendrauf bekam.
Um 21 Uhr wurden wir alle in Busse verfrachtet und zum Dresdner Flughafen gefahren. Das Problem war nämlich, dass in Schönefeld ab 23 Uhr ein Nachtflugverbot gilt. Das heißt, der verspätete Flieger hätte zwar noch landen können, aber nicht mehr starten dürfen. In Dresden gilt ab Mitternacht Nachtflugverbot – wir hoben um 00:03Uhr ab. Einen Bordservice gab es auf dem 4,5h-Flug jedoch nicht, d.h. wir hoben mit 4 Stunden Verspätung ab und das einzige, was die Fluggesellschaft (Germania) zum leiblichen Wohl reichte, war ein mickriges Brötchen und Saft. Ich hatte immerhin auch ein paar Brote und Obst mit, aber als ich mit 3,5h Verspätung in Teheran ankam, war ich ziemlich hungrig und machte mich zu Freunden auf, bei denen ich meine ganzen Sachen gelagert hatte. Da meine Freunde kein Englisch sprechen, war ich froh, als ich bemerkte, dass ich doch nicht so viel Farsi vergessen hatte und nicht vollständig herumstammelte.
Am Freitag (28.8) ging ich den Gottesdienst, der um 18Uhr abends stattfand und saß anschließend noch in netter Runde mit dem Pfarrers-Ehepaar und zwei weiteren Gottesdienstbesuchern zusammen.
Bis zum nächsten Wochenende war nicht viel los. Ich bezog wieder die alte Wohnung, die ich scheinbar das letzte Mal im Juli sauber gemacht hatte und in der mittlerweile ein netter Türke und Pakistaner wohnen.
Ich traf nach drei Monaten wieder Zhihui und verabredete mich für Dienstagabend (2.9) mit Jooyang (aus Südkorean) und Mayuko (aus Japan). Davor schaute ich noch ganz schick mit Sakko bei der Deutsch-Iranischen Handelskammer vorbei, um mir eine Liste mit Unternehmen geben zu lassen, bei denen ich mich demnächst bewerben werde.
Der Abend mit Jooyang und Mayuko wurde nett, wieder sehr schmackhaft und lang. Um 3.15 Uhr brachen Mayuko und ich auf, eine Stunde später kam ich im Wohnheim an. Ich bin wirklich dankbar, dass im Gegensatz zu anderen Metropolen, wie Istanbul, in Teheran regelmäßig (ca. alle 15-20 Minuten) Nachtbusse auf den Hauptverkehrsadern unterwegs sind.
Ich war froh, dass die Gebäudetür des Wohnheimes auf war, denn ich habe nur einen Schlüssel für die Wohnung, was sich später noch als Hindernis herausstellen sollte. Knappe 3,5h Schlaf konnte ich mir gönnen, bevor ich wieder zur Schule musste. Danach holte ich noch ein bisschen Schlaf nach, doch um 18.30Uhr sollte ich am Tajrish sein, um mit Jooyang, Mayuko und ihrem Bekannten Yasuki auf eine Feier ihrer Bekannten zu fahren.
Die Feier war lustig, die Wohnung mit Schwarzlicht ausgestattet und die Stimmung ausgelassen.
Um 20Uhr am Donnerstag (3.9) hatten mich andere iranische Freunde zu einem traditionellen klassischen Konzert iranischer Musik eingeladen. Auch dieses Ergeignis war sehr interessant. Die beiden Sänger Hafez Nazeri und sein Vater Shahram wurden von klassischen und iranischen Saiteninstrumenten sowie Trommeln begleitet.
Um 1 Uhr brachten mich meine Freunde zum Wohnheim zurück und als sie abgefahren waren, stand ich dann vor der Tür…die zu war…und es war auch keiner mehr im Gebäude wach, obwohl ja eigentlich Samstag war. Also was tun? Nun ja, nach zwanzig Minuten ging ich dann in den Laleh Park. Ich hatte schon durch vorherige nächtliche Ausflüge gesehen, dass sich die Menschen nachts auf Parkbänke oder auch einfach den Boden legen. Daher suchte ich mir eine vor neugierigen Blicken geschützte und dunkle Ecke. Ich wurde auch nicht entdeckt, allerdings ganz ohne Decke war leider nicht an Schlafen zu denken, dafür war es doch zu frisch und ich nicht müde genug.
Um 6 Uhr am Freitag stand ich auf, klopfte Erde von meinem Konzertoutfit und ging zum Wohnheim. Aber die Tür war, was für ein Zufall, zu. Also lief ich eine große einstündige Runde in der Gegend, aber die Beziehung zwischen Tür und Rahmen war vorher wie nachher gleich eng. Da ich keine Lust hatte, vor der Tür zu warten, ging ich wieder zurück in den Park. Und siehe da, ich traf auf zu Musik Frühsport machende Iraner. Angefeuert wurde das ganze bunte Spektakel von einem Übertragungswagen des Radiosenders Radio Javan (Jugendradio), obwohl die Herrschaften, die an den Übungen teilnahmen, alle älter als 50 schienen. Daneben gab es jedoch noch eine Menge junger Leute, die zumeist Federball spielten. Auf der Wiese wurde schon gefrühstückt – insgesamt war ich sehr positiv überrascht und froh, dass die Tür im Wohnheim des Nachts zu gewesen war.
Nachdem ich dem Treiben fünf Minuten zugesehen hatte, kam ein Reporter auf mich zu und es wurde spontan ein Interview mit mir, dem Österreicher, geführt. Ich bekam überraschender Weise sogar ein kleines Präsent: ein Weltempfänger.
Kurz vor neun kehrte ich zurück, da an diesem Freitag englischsprachiger Gottesdienst war und ein Holländer dort hinging. So war es auch und ich konnte endlich in die Wohnung.

Live-Interview mit Radio Javan (Original-Link Radio Javan – Interview)