Wochen 26-27 – Aschura

Woche 26, 10.10 – 16.10

Am Samstag fuhr ich also mit meinen Eltern morgens zum Busbahnhof, in der Hoffnung, auch noch eine Karte für denselben Bus zu bekommen. Die Hoffnung erfüllte sich und so machten wir uns auf nach Esfahan.
Dort angekommen machten wir uns gleich zum Imam-Platz auf und fuhren dann ins Jolfa-Viertel, um zu abend zu speisen.
Von dort machten wir uns dann zu Fuß auf zum Hotel, entlang am ausgetrockneten Flussbett und über die berühmte Si-o-se Pol (33-Bogen-Brücke).
Am Sonntag aßen wir dann herrschaftlich Frühstück und bis zum Nachmittag besichtigen meine Eltern die allerhand Sehenswürdigkeiten von Esfahan, während ich immer draußen Buch lesend wartete. Ich kann ja schon alles und bin eh kein guter Reiseführer; da sind die Bücher besser. Und während ich einmal so dasaß, konnte ich endlich meine Farsikenntnisse verwenden, um einem dümmlichen Kommentar („Schaut mal, der Typ sitzt ja nach 40 Minuten immernoch da.“) etwas entgegen zu setzen und für lange Gesichter sorgen – was für ein Hochgefühl.
Zu Sonnenuntergang lotste ich meine Eltern zum am Rande Esfahans auf einem Hügel liegenden Ateschkadeh (Feuertempel). Von dort hatten wir einen wunderbaren Blick über die nachtempfangende Stadt. Danach wurde es für mich dann aber auch schon Zeit, wieder nach Teheran zurück zu fahren. Eigentlich wollte ich den Zug nehmen, aus Bequemlichkeitsgründen, aber der fährt nur alle zwei Tage und natürlich nicht am Sonntagabend. Also musste ich wieder Bus fahren.
Am Dienstag (13.10) fuhren M. und ich dann nach Semnan, um meine Freunde E. und A. für ein paar Tage gemeinsam zu besuchen. So besuchten wir unter anderem ein super leckeres und ursprünglich-traditionelles Kebab-Restaurant in den Bergen, die Stadt Shahrud und trampten von dort nach Bastam. Dort sahen wir uns das Mausoleum von Bayazid Bistami, einem persischen Mystikers des 9. Jahrhunderts, und die alte Freitagsmoschee an und trampten weiter ins Dorf Ghale-Nokharaghan (Nokharaghan Schloss). Dieses liegt am Fuße des mehr oder berühmten Nebelwaldes mit dem gleichen Namen. Leider war es zu spät, um ein bisschen in den Wald zu fahren. Also liefen wir einfach ein bisschen aus dem Dorf heraus und kehrten bei Sonnenuntergang um.
Am Donnerstag (15.10) hingen wir in Semnan herum, halfen A. bei ihrem kurzbevorstehenden Umzug zum Studieren nach München, ich ging am Nachmittag noch mit E. zum ersten Mal in meinem Leben Tennis spielen und am Freitag fuhren wir dann wieder nach Teheran zurück. Damit waren die Ferien auch leider beendet.

Woche 27, 17.10-24.10

Eine neuer Kurs brach an und ich bekam eine anscheinend religiöse Lehrerin, von der nur die Form des Gesicht und der Hände zu erkennen sind.
Den zweiten und dritten Tag ging ich nicht zu Unterricht, da meine Eltern an diesen Tagen in Teheran waren und ihre Reise beendeten. Wie ich am Dienstag feststellte, hatte ich auch nicht wirklich etwas verpasst.
Generell habe ich lange überlegt, ob ich weiter am Dehkhoda Institut „studieren“ sollte. Denn die Note des letzten Kurses war mit 18,5/20 die Zweitbeste, entsprach jedoch überhaupt nicht meinem Niveau. Außerdem bin ich der Meinung, dass ich nun genug Grundlagenwissen erlangt habe, um mir die Sprache selber und besser beizubringen. Allerdings hängt meine Duldung im Iran mit dem Besuchen des Sprachkurses am Institut zusammen, sodass mir im Prinzip keine andere Entscheidung übrig blieb, als noch einen Kurs (bis Dezember) weiter zu machen.

Am Samstag war der Feiertag auf Grund des Aschurafests, bei dem die Schiiten dem Tod des dritten Imam Hussein gedenken, der als Märtyrer in der Schlacht von Kerbala fiel. Das Fest wird am 10. Tag des Trauermonats Muharram begangen. Die zehn Tage von dem Aschurafest wird getrauert und auch danach säumen schwarze Fahnen die Straßen, es darf (offiziell) keine laute Musik gehört werden, kein Makeup und generell farbige Kleidung getragen werden, etc. – alles, was Spaß macht. Daran halten sich aber (wie beim Fasten) nur sehr wenige Iraner. Es finden Trauerprozessionen statt und Schauspiele, die die Reise von Hussein und sein Leiden nachstellen.
Ich fuhr dazu in den Süden Teherans, in das Viertel Nazi Abad. Der Name steht wirklich in Zusammenhang mit Nazis, da die Regierung unter Hitler ein dort ansässiges Eisenbahnunternehmen unterstützten; es gibt allerdings keine Hitlerstraße oder Goebbelsgasse. Alle hundert Meter war eine Prozession und es war sehr interessant diese Märsche und Rituale zu verfolgen. Mit dem Fest einhergehend ist auch das sogenannte Nazri, kostenlos verteiltes Essen und Tee als Zeichen der Dankbarkeit für die Aufopferung Husseins und unabhängig der Kultur (obwohl ein Mann mir auf Nachfragen eines anderen mir Essen verweigerte; nicht, dass ich es nötig gehabt hätte). Als ich nach Hause fuhr und an der Bushaltestelle wartete, kam ein Mann mit leckerem Lamminnereien-Kebab auf mich zu und fuhr mich sogar noch ein Stückchen in meine Richtung.

Aschura in bewegten Bildern:

Woche 6 – Teil 1/1 – Bis bald, Teheran

Tag 40, 1.3, Sonntag

Was ich die Tage davor gemacht habe, ich habe keine Ahnung mehr.
Am Sonntag traf ich mich mit Roman und einer Bekannten von ihm an der Uni Teheran und später gingen wir noch Essen und eine interessante Fotoausstellung besuchen.

Tag 41, 2.3, Montag

Es gibt einen Bus vom internationalen Flughafen Teheran in die Stadt, von dem nur kaum jemand Bescheid weiß und die Infos aus dem Internet zu spärlich vorhanden sind.
Ich hatte auch kein Glück. Der Bus soll zum Azadi Busbahnhof fahren, dort hatte aber niemand eine Ahnung beziehungsweise sagte mir, ich solle ein Taxi nehmen.
Dann traf mich mit Zhihui am Turm und wir fuhren hinauf. Man hat einen tollen Blick von dort oben, auf die Stadt. Nach Falafel und Versteckspiel vor nervigen iranischen Jugendlichen, liefen wir zum Lokalflughafen, da dort die Endhaltestelle des Busses sein sollte. Doch auch dort wusste niemand etwas über diesen mysteriösen Bus.

Tag 42, 3.3, Dienstag

Ich traf mich wieder mit Roman und Maryam. Wir haben nach dem Unterricht am Tajrish gepicknickt und sind dann ein bisschen durch Buchläden gestromert und haben Kaffee getrunken. Dabei haben wir auf der Vali-e Asr Allee eine perverse Situation erlebt: Eine Frau, die in beiden Händen eine Einkaufstasche hatte, rannte die Straße entlang, um den Bus zu bekommen. Dabei rutschte ihr Kopftuch herunter und anstatt einfach weiterzulaufen, blieb sie stehen und bat Maryam, das Tuch wieder zurecht zu rücken.
Als wir dann denn Kaffee auf dem Bordstein schlürften, wurden wir von einem Sicherheitsbediensteten gedrängt, woanders hinzugehen.

Tag 43, 4.3, Mittwoch

Es war der letzte Schultag und es stand die Prüfung an, die aber einfach war.
Abends bin ich dann zum Busbahnhof und nach Esfahan gefahren.

Tag 44-45, 5.3-6.3, Donnerstag-Freitag

Als ich in Esfahan angekommen bin, lief ich erst einmal zum Hostel, in dem ich vor 4 Jahren schon untergekommen bin. Es schien sich nichts geändert zu haben. Ich glaube, ich habe im selben Raum und im selben Bett geschlafen; es war jedenfalls sehr durchgelegen. Nur die Gäste scheinen sich geändert zu haben. Vor 4 Jahren saßen die Backpacker abends jedenfalls noch nicht mit ihren Macbooks auf den Betten rum.
Ich musste mich für zwei Stunden auf’s Ohr legen, da die Fahrt nur 6 Stunden dauerte und Schlafen im Bus für mich kaum möglich ist.
Danach traf ich mich mit Shirin, einer Freundin von vor 4 Jahren, sowie zwei deutschen Touristen, Uli und Paul, und wir liefen ein bisschen durch Esfahan. Es war wirklich wunderbar, aus Teheran entkommen zu sein und eine so kleine Stadt zu besuchen. Abends ging ich dann noch 33sten-Brücke (si-o-se pol), um zu entspannen und Fotos zu schießen.
Für den nächsten Tag war ein morgendliches Picknick in den Bergen angedacht, daraus wurde aber nichts, da eine Freundin von Shirin, I., mit der wir uns treffen wollten, von der Sittenpolizei aufgegeriffen wurde. Sie hätte wohl einen zu kurzen Mantel getragen, d.h. obwohl sie eine Jeans trug, bedeckte er nur knapp ihr Knie.
Shirin musste als Pfand ihren Personalausweis dortlassen und I. ein Formular ausfüllen, dass eine solche Nachlässigkeit nicht noch einmal vorkommen wird. Wir nahmen die Gondel auf den Berg und aßen dort Frühstück, spielten Billard und Tischfußball.
Während Shirin mit Paul wieder mit der Gondel herunterfuhr, liefen wir anderen – die Gruppe wurde um zwei Personen erweitert – zu Fuß herunter und dann wieder zum zentralen Imam-Platz. Dort sahen sich Uli und Paul mit Shirin noch weitere Sehenswürdigkeiten an, während I. und ich draußen warteten und Umfragen von jungen Studentinnen ausfüllten, die bei meiner Antwort, ich sei single, kicherten – willkommen im Alltag eines Ausländers im Iran. Wobei das ja noch der angenehme Teil ist. Anschließend kamen zwei Männer auf uns zu und fragten, wo wir her seien. Wir erwiderten ein Ehepaar aus Montenegro zu sein. Die beiden kannten Montenegro natürlich nicht und zogen zum Glück schnell ohne Generve wieder ab.
Abends fuhr ich wieder zurück nach Teheran.

Tag 46, 7.3, Samstag

Ich hatte nur kurz Zeit, Schlaf aufzuholen, weil ich um 11Uhr verabredet war. Das Mädchen (L.) trafen Zhihui und ich am Flughafen und ein paar Tage später fragte sie Zhihui nach meiner Nummer.
Es wurde eine merkwürdige Verabredung. Wir trafen uns Enghelab, welches im Zentrum und ungefähr 1.5h von Velenjak weg ist. Wir gingen für ihren Französischkurs Bücher kaufen, in ein Kaffee und sie lud mich ein, das Neujahrsfest (Noruz) mit ihr und ihrer Familie in ihre Heimatstadt zu verbringen, weil sie sich sonst langweilen würde. Dann aßen wir Süßigkeiten im Park und anschließend fuhren wir durch die ganze Stadt zum Bazar auf dem Tajrish, um für meine Eltern Sachen zu kaufen. Das Ganze, was auch immer es war, 8 Stunden. Bevor wir uns dann an der Metrostation verabschiedeten, stellte ich klar, dass für mich das trotz des merkwürdigen Characters, nur freundschaftlich gewesen sei und ich nicht mehr wolle. Daraufhin regierte sie verschnupft.
Aber da im Iran zwischen unverheirateten Beziehungen eher illegal ist, geht die Kultur des Ausgehens und Flirtens weit über der in Europa hinaus.

Tag 47, 8.3, Sonntag

Mein vorerst letzter Tag im Iran, ich packte die Sachen und verabschiedete mich von Roman und Arne und begab mich dann um 21 Uhr zum Flughafen, wo mein Flug am 9.3. um 5 Uhr ging. Um 2.30 rief mich noch einmal L. an…