Woche 10

Tage 68-72, 25.4-29.4

Diese Woche war ein bisschen ereignisreicher als die vorherige. Unter der Woche ist nicht viel passiert. Jedoch habe ich seit Sonntag Internet, dass eigentlich richtig gut ist. Die zweite SIM-Karte ist vom größten Anbieter MTN-Irancell und meine Mitbewohner Frisco und Yang erzielen damit beim Download exzellente Geschwindigkeiten von bis zu 1 Mbit/s (DSL 8000). 50 Gigabyte für 3 Monate kosten genauso viel (~22EUR) wie 6 Monate mit 9GB bei 128kbit/s (DSL 1000) meinem alten Anbieter Rightel, also habe ich mir das Paket auch gekauft.
Aber am Mittwoch (29.4) waren Frisco und ich bei Joo Yang, unserem koreanischen Klassenkameraden zum Essen und Trinken eingeladen. Er ist im Auftrag von Samsung im Iran, „muss“ scheinbar vollem Gehalt plus Auslandszulagen aber nur die Sprache lernen und hat daher ein sehr entspanntes Leben. Er hat eine eigene Wohnung, die doppelt so groß ist, wie unsere Apartment und in einer sehr gut situierten (aber langweiligen) Wohngegend liegt. Außerdem hat er sich ein Auto gemietet, das allerdings noch auf sich warten lässt.
Jedenfalls hat er super Essen gezaubert und später tranken wir dann in gemütlicher Runde zusammen mit einem Freund von Joo Yang und aßen Süßigkeiten. Am nächsten Tag wollten die beiden nach Esfahan fahren, daher sind wir um 00.30Uhr nach Hause gegangen – im wörtlichen Sinne. Denn ich hatte keine Lust, ein Taxi zu nehmen. Es waren 11 Kilometer von seiner Wohnung zu unserem Wohnheim und warum nicht einmal Teheran am Freitag – iranischer Freitag, also Mittwoch – Nacht erleben? Frisco war angeschlagener als ich und nicht wirklich von der Idee begeistert, aber alleine wollte er wohl auch nicht fahren.
Das Nachhauselaufen war traurig. Wir liefen die längste Straße im mittleren Osten (Vali-e Asr) gen Süden, doch außer am Anfang ein paar Familien im Park sowie ein paar Menschen, die den Gehweg reinigten, trafen wir nur eine einzige Person, die unterwegs war; das Leben tobte also.
Herzlich Willkommen im Iran, wo sich die Menschen nicht in ihre Häuser zurückziehen müssen, um Spaß zu haben, sondern am Abend vor dem Wochenende fröhlich durch die Straßen ziehen können!
Andererseits sind die Parks, selbst unter der Woche, meist bis 1Uhr gefüllt mit Menschen, die picknicken oder Volley- und Federball spielen.

Tag 73, 30.4, Donnerstag

Für den Donnerstag war ich in die Residenz des Deutschen Botschafters und Botschaftsmitarbeitern eingeladen. Es handelte sich um eine Veranstaltung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), der mit meinem Aufenthalt hier allerdings rein gar nichts zu tun hat. Zum Glück kam Tobias noch mit, sonst hätte ich mich komplett fehlt am Platze gefühlt. Ich war zwar schon auf einigen offiziellen Veranstaltungen. Deren Rahmen war aber immer größer; hier wurde jeder persönlich vom Herrn Botschafter begrüßt.
Nach kleinen Einführungsrunden gab es dann Häppchen und Saft und es wurden in kleinen Runden geschätzt (Gruppenfoto). Um 7 war dann alles vorbei und wir fuhren wieder nach Hause.
Da der Samstag (2.5) ein Feiertag war, überlegte ich nach Esfahan zu fahren. Ich war allerdings ein bisschen erschöpft und machte die Entscheidung davon abhängig, ob Joo Yang, der mit Kumpels mit dem Auto nach Esfahan gefahren ist, für die Rückfahrt am Freitag noch Platz im Auto hatte, da ich nicht den Bus nach Teheran nehmen wollte. Es gab keinen Platz, also blieb ich in Teheran und genoss den Abend auf dem Dach.

Tag 74, 1.5, Freitag

Da ich nicht nach Esfahan gefahren bin, fuhr ich in den Westen der Stadt, nach Ekbatan zum Eram Park. Dort ist der Zoo von Teheran angesiedelt und ein Freizeitpark. Der Eintritt betrug 10.000 Rial und der Park war voller Familien, die grillten. Der Freizeitpark allerdings lag wie ausgestorben da. Keines der Fahrgeschäfte war in Betrieb, obwohl die Besitzer herumwuselten.
Lange hielt ich mich dort nicht auf. Im Prinzip machte ich einfach eine kleine Runde um den eingezäunten See und fuhr dann wieder zurück.

Woche 7 – Obdachlos in Teheran – Teil 2/2

Tag 49, 6.4, Montag

Es war der dritte Schultag und ich stand um 6 Uhr auf, um mit meinem Gepäck nicht die überfüllte Metro nehmen zu müssen.
Dort angekommen wurde ich sehr freundlich von der „Sekretärin“, die es versäumt hatte, mir eine Unterkunft zu besorgen begrüßt. Es war super, die alten Klassenkameraden wieder zu sehen.
Nach dem Unterricht ging ich dann wieder zur Sekretärin, um ein Zimmer zu organisieren. Mittlerweile hatten mit Tobias und Francesco, ein Sardinier aus dem ersten Kurs, dem ich Geld mitgebracht hatte, angeboten, zwischenzeitlich bei Ihnen unterzukommen.
Nachdem ich also eine Adresse in Enghelab von der Sekretärin erhielt, fuhr ich mit meinen Sachen und Francesco und Tobias, die auch dort wohnten, dorthin. Es stellte sich heraus, dass das Wohnheim wohl eine heruntergekommene Absteige ist, in der Francesco einen Monat lang hatte hausen müssen; zu zwölft in einem Kellerloch. Ich wollte aber nicht am nächsten Tag zur Sekretärin rennen und reklamieren, ohne die Wirklichkeit erlebt zu haben, daher ließ ich die wichtigsten Sachen, wie Geld und Notebook bei Francesco.
An dem Wohnheim angekommen, lag den Verantwortlichen wohl keine Information darüber vor, dass ich ein Zimmer bräuchte. Ein junger Student begleitete mich zur Administration, doch der Herr der Schlüssel hatte schon Feierabend gemacht und es war auch nicht sicher, ob er am nächsten Tag kommen würde. Also nahm mich der Student mit in seinen Aufenthaltsraum. Dort stellte sich heraus, dass er wohl zum regierungstreuen (die nicht-wählbare religiöse Regierung) Bevölkerungsteil gehört, was mir natürlich keine Freude bereitete. Am frühen Abend brachte er mich dann auf ein Zweibettzimmer, indem schon alle Betten belegt waren; ich durfte also wieder auf dem Boden schlafen. Anstatt danach noch mit ihm und seinen Freunden essen zu gehen, tat ich das lieber mit Zhihui, die nicht weit weg untergebracht war, sodass wenigstens der Abend ein bisschen gut war.
Vor dem Schlafengehen genoss ich dann die erste Dusche seit langem und versuchte so gut es ging zu schlafen.

Tag 50, 7.4, Dienstag

Ich verließ das Zimmer mit dem Anspruch, nicht wieder zu kommen. Ich konnte inzwischen auch die Jogginghose und das T-Shirt gegen Jeans und Hemd eintauschen.
In der Schule ging ich dann wieder zur Sekretärin. Sie sagte mir ich solle um 21Uhr den Verwalter der Wohnungen von Tobias und Francesco anrufen. Ich erwiderte, das ich nicht bis 21 Uhr mit meinen Sachen irgendwo herumstehen würde und kam ihr entgegen, dass ich bei einem Freund (Tobias) übernachten würde. Dort hatte ich wenigstens die Aussicht auf ein Bett nach vier Nächten auf dem mehr oder weniger blanken Fußboden.
Gesagt, getan. Um neun rief ich dann auch den Verwalter an und er sagte, es habe im Moment keine Übersicht und würde sich am folgenden Tag bei der Sekretärin melden….

Tag 51, 8.4, Mittwoch

Es war der letzte Tag der ersten Woche und ich war noch immer obdachlos. Um 15Uhr gab mir die Sekretärin dann die Adresse einer Pension, zu der ich gehen solle, weil sich der Verwalter noch nicht gemeldet hatte.
Doch bevor ich mich überhaupt in den Bus begeben konnte, rief sich wieder an und sagte in der Wohnungen von Francesco sei noch Bett frei. Das wunderte mich, denn er hatte mir gesagt, alle dort Wohnenden hätten ein Einzelzimmer.
Auch Francesco und seine Mitbewohner waren verwundert. Auf jeden Fall hatte ich jetzt eine Bleibe.

Tag 52, 9.4, Donnerstag

Ich schlief erst einmal aus.
Mein neues Zuhause ist in der Nähe des Enghelab-Platzes (Meydan-e Enghelab), wenige Minuten von der Metrostation entfernt und noch näher am großen Laleh Park. Wir können sogar auf das Dach, von dem man sogar den Damavand und ein Flugabwehrgeschütz sehen kann. Meine Mitbewohner sind Jack (ein Brite), Francesco und mein Zimmergenosse Yang aus Taiwan. Jeden Morgen fahren wir mit dem Taxi zur Schule – Kostenpunkt 30’000 Rial (80 Cent).
Am Nachmittag trafen wir uns mit anderen Leuten zum Gespräch in einem Café und später noch zum abendlichen Kebabessen.

Tag 53, 10.4, Freitag

Gegen Mittag trafen wir uns mit zwei Iranern vom Vortag und sie brachten uns ein paar Schimpfwörter bei. Und danach traf ich mich kurz mit Zhihui, um Hausaufgaben zu machen und draußen ein wenig herumzugammeln und das schöne Wetter zu genießen.