Letzte Wochen 33-34 – Belutschestan & Tschüss, Teheran!

Wochen 33-34, 21.11 – 7.12

Meine letzten beiden Wochen im Iran standen an. In der Prüfungswoche am Mittwoch, direkt im Anschluss nach der Prüfung, fuhr ich zum Flughafen, um nach Zahedan, in Sistan und Belutschestan, fliegen. Ich wollte zwischen neun und zehn Tage in Belutschestan herumreisen und am Ende noch eine Bekannte auf Qeschm besuchen (Route).
Am Mittwoch (25.11) flog ich dann mit nur 30 Minuten Verspätung vom City-Airport Teheran Mehrabad in die Provinzhauptstadt der „gefährlichen“ Grenzregion Sistan und Belutschestan. Das, was die meisten Europäer vom Iran denken, denken die meisten Iraner von Sistan-Belutschestan. Die Fluggesellschaft IranAir, die als unsicher gilt und von denen im Sommer ein Flugzeug über Teheran abstürzte, brachte mich jedoch sicher ans Ziel.
Gleich zu den Bildern

„In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Die iranische Regierung hat die Provinz im November 2007 für ausländische Staatsangehörige zur ’no-go-area‘ erklärt. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschieht vor dem Hintergrund Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region.
Von Reisen in den Osten der Provinz Kerman und Sistan-Belutschestan sowie in die Grenzgebiete Irans mit Pakistan und Afghanistan wird dringend abgeraten. In diesen Gebieten besteht ein erhebliches Entführungs- und Anschlagsrisiko. Dies betrifft insbesondere das Gebiet im Dreieck zwischen den Städten Zabol, Bam und Chabahar.“ [Auswärtiges Amt; Iran: Reise- und Sicherheitshinweise; Terrorismus/Reisen über Land]

Wie in anderen Fällen auch, kann ich der Beschreibung des Auswärtigen Amtes nicht zustimmen – hauptsache Panikmache betreiben. Dazu mehr im weiteren Verlauf. .
Als ich jedenfalls in Zahedan am späten Nachmittag ankam, traf ich mich mit A. und wir gingen auf dem Basar, da ich mir die traditionelle Kleidung der Belutschen zulegen wollte. Der erste Händler bot die Hose mit Oberteil für 0,79Mio Rial (20€) an, der zweite wollte für einen maßgeschneiderten Zweiteiler 470’000 Rial (13€) haben. Den konnte ich mir am nächsten Tag abholen.
Das tat ich dann auch, zog das Gewand aber noch nicht an. Zugegebenermaßen lief ich nicht viel durch die Stadt, aber von Polizisten wurde ich nicht angehalten oder belästigt, obwohl diese mich durchaus sahen. Abends traf ich mich mit Freunden von L., bei dem ich übernachtete. Es war eine Außenanlage, die im Sommer sehr bevölkert ist. Da es aber ziemlich kalt war, verdrückten wir uns lieber mit ein paar Tees in ein beheiztes Zelt.
Am nächsten Morgen fuhr ich mit A. und einem Kumpel von ihr etwas südlich von Zahedan zu einer kleinen Wandertour. Als wir wieder zurück waren, aßen wir Frühstück und ich trampte dann nach Saravan, das 430km weiter südöstlich liegt.
In Sistan und Belutschestan gibt es in den Häusern keinen Gasanschluss, wie in Teheran oder anderen Städten im Iran. Es müssen extra Behälter angeschafft werden. Generell wird diese Provinz von der Regierung in Teheran links liegen gelassen. Das liegt zu einen daran, dass die Bevölkerung Sunniten sind und mehrheitlich in Stämmen organisiert. Daher haben die Offiziellen kaum Einfluss. Ex-Präsident Ahmadinedschad hat das Problem erkannt und nun wenden sich die Regierungsmitarbeiter direkt an die Stammesoberen.
Die Arbeitslosigkeit in Belutschestan ist riesig. Die meisten Leute verdienen ihr täglich Brot scheinbar mit dem Schmuggel von Diesel nach Pakistan. Sie kaufen sich Pick-ups, laden dann ihr Dieselkontingent in Kanister auf die Ladefläche und ab geht’s über die Grenze. Das zweite Stück von Zahedan nach Saravan bin ich in einem Auto mitgefahren, das sehr nach Diesel roch und in dem auf dem Beifahrersitz ein voller 50L Kanister stand. Ich war sehr eingequetscht und war froh, dass meine Beine nicht abgestorben sind.
Ein paar Polizeikontrollpunkte gab es natürlich. Wobei „ein paar“ untertrieben ist. An den Zufahrtsstraßen jeder großen Stadt gab es welche. Aber oft war es denen egal, dass ein Ausländer im Auto saß. Und wenn sie meinen Pass sehen wollte, zeigte ich immer eine Kopie – es gab nie Probleme.
In Saravan machte ich auch Couchsurfing bei coolen Leute, erkundete die Stadt aber alleine. Wobei ich sagen muss, es gab nicht viel zu sehen. Aber in der ganzen 5 Stunden am Vormittag, an denen ich herumlief, wurde ich nur von neugierigen Schulkindern belagert. Als es dunkel war, so gegen 18.30Uhr, lief ich für 30 Minuten auch noch einmal ein wenig umher, aber es war nicht mehr viel los.
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Zu den Bildern Teil 2
Am nächsten Tag, also am Sonntag (29.11), wollte ich dann die 460km nach Pasabandar, dem Ort, der am weitesten von Teheran (~1900 km) entfernt ist, trampen. Ich trug meine Belutschen-Klamotten, allerdings stellte sich das Trampen als ein bisschen schwierig heraus. Aber Schwierigkeiten bringen ja nur neue Erfahrungen hervor, so konnte ich das erste Mal mit einem Motorrad mittrampen – bis zum Polizei-Checkpoint. Dort lief aber alles ganz entspannt ab – ich musste nicht einmal meine Passkopie zeigen. Wir schwätzten ein bisschen, ich erzählte ihnen, ich wolle nicht Bus fahren, weil ich lieber mit den Fahrern mein Persisch verbessern wolle, und die Polizisten hielten dann für mich ein Auto an, dass mich die Hälfte der Strecke bis Sarbaz mitnahm.
Dort wollte ich dann den Bus nehmen, der kam aber ewig nicht, sodass ich die Straße entlang lief. Dann kam er natürlich, hielt auf mein Winken aber nicht an. Es wurde später und später und ich fand niemanden, der mich mitnahm. So freute ich mich schon auf die Nacht im Zelt und war auf der Suche nach einem geeigneten abgelegenen Plätzchen, als ein Belutsche mich überredete, zu ihm in sein Dorf zu kommen und dort zu pennen. Der junge Mann hieß Jaseme, war 27 und hatte einen Sohn.
Der Sternenhimmel war unglaublich hell, die Toilette auf dem Hof, es wurde gefühlt das ganze Dorf zum Abendessen -es wurde mit den Händen gespeist- eingeladen und die Frau bekam ich nie zu Gesicht. Es war eine neugierige und interessante Runde im konservativen Haushalt. Das schwierigste war immer, daran zu denken, die unreine linke Hand nicht zu essen zu nutzen.
Ein Gast war Mitarbeiter im medizinischen Zentrum im Nachbardorf. Auch wenn Sistan-Belutschestan wie schon erwähnt von der Zentralregierung in Teheran nicht viel Bedeutung zugemessen wird, die medizinische Versorgung wird hervorragend sichergestellt. So hat sich die Zahl der Malariererkrankungen auf der iranischen Seite von Belutschestan dramatisch reduziert und beträgt noch ca. 5 Fälle pro Jahr. Auf der pakistanischen Seite soll die Situation jedoch weiterhin prekär sein.
Am nächsten Morgen ging’s nach dem Frühstück direkt wieder zur Hauptstraße, der angehaltene Bus nahm mich jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht mir und um die Sache hier ein bisschen abzukürzen, legte ich die nächsten 200km für faire 100’000 Rial (2,60EUR) zurück. Von dort trampte ich dann nach Pasabandar, nur 5 Fahrminuten von Pakistan weg. Ich kam während des Sonnenuntergangs an, lief Fotos schießend ein bisschen herum und hatte dann Glück von denselben LKW-Fahrern mit nach Tschabahar genommen. Dort brachten sie mich noch zum Busbahnhof, denn ich wollte mit dem Nachtbus nach Bandar Abbas fahren. Doch auch dieser Plan ließ sich nicht realisieren, da mir mitgeteilt wurde, der nächste Bus würde am folgenden Morgen fahren. Daraufhin sprach ich einen LKW-Fahrer an, der vor dem Bahnhof stand, ob er fahren würde. Er tat es nicht, allerdings durfte ich die Nacht auf der Ladefläche verbringen.
Am Dienstag (1.11) konnte ich mich dann endlich auf den Weg nach Bandar machen. Allerdings gezwungenermaßen wieder per Anhalter, weil plötzlich doch kein Bus mehr fuhr. Da zwischen Chabahar und Bandar Abbas keine wichtigen Städte liegen, konnte ich mir wenigstens gewiss sein, dass ein LKW mich die ganzen 700km mitnehmen würde. Und nach einigem Warten geschah das dann auch. Die beiden Fahrer waren auch Kurdestan und zum Glück fuhr der ältere von beiden 10 Stunden durch, sonst wäre ich an dem Abend vermutlich nicht auf Qeschm angekommen.
Auf Qeschm besuchte ich eine Annielie, die ich im Dehkhoda kennengelernt hatte. Sie hat mir ihrem iranischen Mann ein Restaurant auf der Insel (Shabhaye Talai – Golden Nights) und es war wirklich sehr cool, sie wieder zu sehen.
Als ich am Donnerstag (3.12) dann mit dem Zug von Bandar Abbas nach Teheran fuhr, trug ich meine Belutschen-Klamotten und erregte beim Abschluss-Fotoshooting mit Annelie Aufmerksamkeit, denn die roten Haare kombiniert mit den Klamotten, die auch von Afghanen getragen werden, sorgte überall für große Verwirrung. Am Bahnhof wurde ich dann laut, als ein Polizist bei der Körperkontrolle auch dort abtastete, wo es für Männer tabu ist.

Zurück in Teheran war ich von der hohen Polizeipräsenz mit Maschinengewehren überrascht. Während ich unterwegs war, hatte der „Islamische Staat“ Terroranschläge in Teheran angekündigt, also wurden zur Erhöhung der subjektiven Sicherheit der Bevölkerung Polizisten oder Soldaten an jeden Metrostationen postiert und ich natürlich immer zur Seite gebeten. Jetzt weiß ich wenigstens, wie sich die Muslime bzw. Menschen mit offensichtlichem Migrationshintergrund in der Familie in unserer Gesellschaft nach Anschläge fühlen.
Abgesehen davon traf ich mich dann noch mit Freunden, erledigte ein paar Einkäufe im Basar während es schneite und zischte dann mit einem mulmigen Gefühl wieder zurück nach Berlin.
Vielen Dank!

Woche 13 – In der Wüste

Sogleich zu den Fotos

Tag 90, 16.5, Samstag

Nachdem ich das Wochenende zur Entspannung nutzte, machte ich mich am Samstagmorgen gespannt zu meiner Wüstentour auf (Route: ).
Als die Idee war auch maßgeblich von Frisco beeinflusst, der nach dieser Woche wieder zurück nach Sardinien fliegen würde. Mit ihm wollte ich mich in Garmeh, einem kleinen Oasendorf, treffen. Mein Plan sah vor, am Samstag nach Naein zu trampen und dort etwas abseits der Stadt die Nacht zu verbringen.
Von Teheran bin ich bis Qom getrampt und wurde dann mit Ali Reza und seinem Sohn im LKW bis Naein mitgenommen und auch zum Mittagspicknick eingeladen.
In Naein kam ich dann vor Sonnenuntergang an, sodass ich beschloss, einfach zu versuchen bis Garmeh bzw. Khoor zu kommen. Während ich durch die Stadt lief, kaufte ich noch ein bisschen Brot und wurde dann bis Anarak mitgenommen. Mittlerweile war es dunkel, doch als ich die Straße entlang lief, hielt ein LKW-Fahrer und nahm mich bis nach Khoor mit, wo ich 23.30 Uhr ankam. Ich lief dann eine Weile unter dem wunderbaren Sternenhimmel Richtung Garmeh und wurde schließlich von Studenten bis Garmeh gefahren. Sie konnten nicht glauben, dass ich in außerhalb des Dorfes mein Zelt aufschlagen wollte: Es würde jemand kommen, um mich umzubringen, Kamele würden mich tot treten oder was würde ich machen, wenn eine Schlange käme? Also sagten sie mir, ich solle in einem kleinen Gebetsraum schlafen. Nachdem sie dann gefahren waren, lief ich natürlich aus dem Dorf und schlug meinen Zelt hinter einem Hügel, von Blicken geschützt, auf.

Tage 91-92, 17.5-18.5, Sonntag-Montag

Am nächsten Morgen traf ich mich mit Frisco und wir liefen ein bisschen im und um das Dorf herum. So gingen wir der Wasserstelle, die die umliegenden Felder versorgte und wahrscheinlich auch die Wasserversorgung des Dorfes. Dort tummelten sich viele Putzerfische, die sich sogleich meinen Füßen widmeten.
Mittags gönnte ich mir dann das doch ziemlich teure Buffet im Hostel von Frisco. Danach begaben wir uns in die Umgebung, um ein anderes Dorf zu besichtigen. Das Dorf selber war schwer zu finden und nicht besonders schön. Dafür war der Weg dorthin die Mühe wert. In der Dämmerung waren wir wieder im Dorf. Während Frisco zu Abend aß, baute ich mein Zelt an der Wasserstelle auf und entfachte ein Feuer. Eigentlich wollten wir dann mit anderen Hostelgästen in ein Café gehen, aber das hatte geschlossen. Also gingen wir zu meinem Schlafplatz und unterhielten uns bis Mitternacht ein bisschen am Feuer. Zweimal streunten zwielichtige Typen herum, aber als ich mich dann schlafen gelegt hatte, kamen sie scheinbar nicht noch einmal vorbei.
Den nächsten Tag ließ ich ruhig angehen. Ich stand spät auf und trampte Mittags mit Frisco nach Khoor. Dort aßen wir Mittag und gegen 16Uhr brach ich dann alleine nach Tabas auf. Wieder nahm mich das erste Fahrzeug, ein LKW, mit. Dieser Teil der Route ist der Hauptverkehrsweg von Esfahan nach Maschhad, sodass zu jeder Zeit Fahrzeuge unterwegs sind.
In Tabas wollte ich den Schah Abbasi Staudamm besichtigen. Er war allerdings von dem Punkt, an dem ich abgesetzt wurde, ca. 20km entfernt und langsam dämmerte es schon. Also suchte ich mir etwas abseits eine alte Zisterne und schlug dort mein Nachtlager auf.

Tag 93, 19.5, Dienstag

Ich stand ziemlich früh auf und wurde von einem Lehrer in die Nähe des Damms gefahren. Dort stand ein deutscher VW-Bus, allerdings schliefen die Insassen wohl noch. Um zum Damm zu gelangen, muss man ungefähr 40 Minuten einem kleinen Fluss durch einen Canyon folgen.
Das Wasser war (leider) erstaunlich warm und der Fluss war auch nicht besonders tief. Irgendwann beschloss ich, meinen Rucksack abzulegen – es war Dienstagmorgen um 8.30 Uhr, wer sollte den klauen?? – und ohne die Last weiter zulaufen. Später wurde das Wasser ein bisschen tiefer und man konnte auch nicht mehr am Rand auf dem Trockenen laufen, sodass ich meine Hosenbeine entfernte und mit Shorts durch das Wasser lief – ein klarer Verstoß gegen die Kleidervorschrift der Islamischen Republik, aber es war ja niemand sonst unterwegs.
Der Damm taucht dann plötzlich hinter einer zwei Meter hohen Art Steinbarrikade auf und bietet eine beeindruckende Erscheinung.
Als ich wieder zurückkam, traf ich auf die beiden Deutschen. Sie sind nach Indien gefahren und waren jetzt wieder auf dem Rückweg. Sie brachten mich dann auch nach Tabas. Von dort wollte ich nordwärts und dann die Straße 36 am Rande der Wüste durch einen Nationalpark entlang.
Leider war an der entscheidenden Kreuzung ein Polizei-Kontrollpunkt. Das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn die wenigen Autos, die in meine gewünschte Richtung fuhren, mich mitgenommen hätten. Aber vielleicht waren Sie durch die Polizeipräsenz eingeschüchtert, jedenfalls glotzten sie immer nur.
Der Kontrollpunkt war im Prinzip ein abgezäuntes Gelände mit kleinem Häuschen direkt an der Straße, einem weiteren Gebäude und einem Wohnwagen. In dem Häuschen direkt an der Straße saßen ein junger Polizist und ein Soldat. Nach knapp einer Stunde pfiffen sie mich heran, aber da ich kein Hund bin, wartete ich, bis sie direkt zu mir gelaufen kamen. Sie sahen sehr gelangweilt aus und der Polizist fragte nach meinem Pass. Ich wollte wissen warum, aber er zeigte nur auf seine Kleidung und den Aufnäher „POLICE“. Mir blieb also nichts übrig, als ihm den Pass auszuhändigen und sprach mit denen dann nur noch Englisch.
Zweieinhalb Stunden später wurde mir der Pass zurückgegeben. In der Zwischenzeit wurde sein Boss gerufen, eine weitere Verkehrspolizei kam an und holte per Zufallsprinzip LKWs aus dem Verkehr und konfrontierte sie mit imaginären Verstößen, um ordentlich Schmiergeld zu kassieren. Der dafür verantwortliche Polizist war ein richtig abstoßendes Arschloch, das muss leider so gesagt werden. Generell benahmen sich die Beamten sehr überheblich allen, auch mir, gegenüber. Irgendwann kamen dann auch zwei individuell reisende Dänen an der Kreuzung vorbei, die ebenfalls angehalten wurden. Nachdem deren Pass überprüft wurde, konnte ich dann auch weiterreisen; allerdings war es dann schon ziemlich spät. Ich musste übrigens kein Schmiergeld zahlen und hätte es auch nicht getan. Diesen Triumph hätte ich denen nicht gegeben.
Ich musste meine Reiseroute ändern und anstatt der kleinen Straße, die Schnellstraße weiter nördlich nehmen. Ein von der Polizei angehaltener LKW musste mich dann in die nächste Stadt (Bardaskan) nehmen. Dort legte er einen Tankstopp ein und ich entschied, neben der Moschee der Raststätte zu zelten – was erlaubt ist. Den Abend verbrachte ich mit Lesen.

Tag 94, 20.5, Mittwoch

Ich wollte bis Semnan trampen, wo ich Couchsurfing machen wollte. Ursprünglich wollte ich schon am Vortag ankommen, aber das hatte sich ja erledigt. Von Bardaskan ging es nach Sabzevar, wo mich ein LKW mitnahm, dessen Fahrer mich für einen Türken hielt. Anfangs fuhr er ziemlich flott, doch später nur noch um die 40km/h. Sodass ich ihm dann mit schlechtem Gewissen um 15Uhr, als er seine Mittagspause machte, eröffnete, ich kann nicht essen, sondern muss weitertrampen, da meine Freunde mich eigentlich gegen Nachmittag erwarteten. Ich tat mich wirklich schwer, aber die Entscheidung war richtig, denn 2,5 Stunden später war ich in Semnan. Obwohl ich 25km vorher schon dachte, es würde doch später werden, denn ein Hinterreifen des Autos platzte. Doch zum Glück hatte der Fahrer einen Ersatzreifen und 15 Minuten später fuhren wir weiter.
Meine Couchsurfinggastgeber waren ein iranisches Pärchen, das sehr nett war. Der Mann, E., holte mich ab, konnte aber kaum Englisch sprechen, sodass ich mich mit ihm auf Farsi unterhielt. Seine Frau, A., sprach jedoch Englisch und die beiden hatten für ein paar Wochen einen Deutschkurs besucht. Es war nett, nach fast vier Tagen wieder Englisch sprechen zu können.
Da die Fahrer nämlich alle nur Farsi konnten, blieb mir nichts anderes übrig, als mich durchzukämpfen. Ich hoffe, es hat mir etwas gebracht, denn die Gesprächsthemen waren simpel und meistens unterhielt ich mich mit den Fahrern über dasselbe.

Tage 95-96, 21.5-22.5, Donnerstag-Freitag

Am Donnerstag fuhren E. und A. nach Teheran und nahmen mich mit. Das restliche Wochenende erholte mich und tat nichts.


Woche 11

Tag 75, 2.5, Samstag

Es war Nationalfeiertag, darum hatte ich keine Schule. Gemacht habe ich aber nicht viel. Zusammen mit Zhihui und ihrer Mitbewohnerin Feyza bin ich einen Kaffee trinken gegangen.
Außerdem herrscht in Teheran zu dieser Jahreszeit eine extreme Mückenplage. Obwohl die Luft sehr trocken ist und kaum stehende Gewässer vorhanden, schaffen es die Ausgeburten des Teufels doch sich rasend schnell zu vermehren. Im Gegensatz zu den Iranern sind diese auch flink und wendig und scheinen schon Sekunden vorher zu wissen, dass man sie erschlagen möchte; gierig nach Blut sind sie außerdem.
Jedenfalls kann ich mich noch nicht einmal vollständig in meinen Schlafsack verkriechen, weil die Viecher trotzdem irgendwelche Lücken finden. So musste ich hinnehmen, dass eines Morgens mein kompletter Unterarm mit kleinen Hügelchen versehen war. Glücklicherweise jucken die Mückenstiche nicht.

Tage 76-79, 3.5-5.5, Sonntag-Dienstag

Wieder eine normale Schulwoche, in der die Lehrerin mir wieder mehrmals mitteilte, dass mein Niveau für Deutsche ungewöhnlich (schlecht) ist. Was sie dabei aber außer Acht lässt, dass 90% der Deutschen von ihrem Studiengang aus in den Iran fahren und schon in Deutschland Sprachkurse belegt haben. Ich hingegen, wie Tobias auch, sind blutige Anfänger und dementsprechend schlecht oder auf dem Niveau der anderen.
Am Montag sind wir in den iranische Ableger der französischen Supermarktkette Carrefour (Hyperstar) gegangen. Yang hatte davon gehört und wir brauchten eh eine Menge Dinge. Der Markt ähnelte wirklich den „westlichen“ beziehungsweise „normalen“ Riesensupermärkten, wie Kaufland oder real oder Metro. Die Bierabteilung ist natürlich lächerlich und irgendwann wurde ich auch darauf hingewiesen, dass das Schießen von Fotos verboten sei.

Tage 80-82, 6.5-8.5, Mittwoch-Freitag

Das Wochenende nahte und eigentlich wollte I. nach Teheran kommen und die Buchmesse besuchen. Daraus wurde aber nichts. Ich musste aus Teheran raus und mit Hilfe von der Satellitenansicht von Google Maps wählte ich ein Tal im Nordosten aus. Nach dem Unterricht brach ich dann nach Kalugan auf, was ich mit Metro, Bus, ein paar Kilometern zu Fuß und 25km per Anhalter erreichte. Im Dorf angekommen kletterte ich bis zur Dämmerung herum, um eine einigermaßen gute Stelle für mein Zelt zu finden. Das ich aber mitten im Gebirge war, konnte ich es logischerweise nur Behelfsweise aufstellen und hatte Glück, dass es die Nacht nicht regnete. Abgesehen von ein paar anderen Unannehmlichkeiten, genoss ich es, in sicherer Entfernung vom 14 Millionen Moloch zu sein.

Am Donnerstagmorgen habe ich dann alles wieder zusammengepackt und bin zurück. Etwas niedergeschlagen bin ich am Abend mit Frisco, Yang und einem anderen Dehkhoda-Studenten in ein Kaffee. Später kamen noch eine Iranerin und Zhihui dazu.

Am Freitag um 10 Uhr bin ich dann zum Gottesdienst der evangelischen Gemeinde in Teheran (). Es war das erste Mal und es hat mir sehr gefallen. Es waren noch ungefähr 12 andere Leute da und nach dem Gottesdienst blieb ich noch bis kurz nach zwölf zum Tee und zum Quatschen.
Als ich dann wieder zurück in Enghelab war, pilgerten die Iran gerade zum Freitagsgebet oder zur Freitagsansprache an der Universität Teheran. Die Hauptstraße war für Autos gesperrt und vereinzelt waren wieder die „Tod Amerika/Israel“-Schilder zu sehen.

Woche 8 – Trampen im Iran – Teil 1/1

Tage 54-58, 11.-15.4, Samstag bis Mittwoch

Eine ganz normale Woche, mit Schule, Verabredungen, angequatsche in der Metro. An einem Tag bin ich im Laleh Park joggen gegangen und habe meine restlichen Sachen aus Velenjak abgeholt.
Für das Wochenende wollte ich ursprünglich nach Ardebil fahren, weil auf Grund eines Schulausflugs das Wochenende um einen Tag verlängert wurde. Der Ausflug wurde aber abgesagt und so verabredete ich mit I., dass wir uns in Kaschan treffen sollten. Sie empfahl mir, auch ein Bergdorf, Abyaneh, zu besichtigen. Ich beschloss, aus dieser Reise das erste Tramperlebnis im Iran zu machen.
Am Donnerstag würde ich nach Abyaneh trampen, dort irgendwo im Zelt übernachten und dann am Freitag nach Kaschan per Anhalter fahren und die Stadt mit I. besichtigen.
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Tag 59, 16.4, Donnerstag

Ich startete natürlich früh morgens und nahm als Verpflegung nichts weiter als eine Box Datteln (800g) und 2 Liter Wasser mit. Um Viertel nach neun war es dann soweit. Ich hielt mein Schild mit کاشان (Kaschan) raus. Es dauerte auch nur ein paar Minuten, bis ich mitgenommen wurde. Davor hielt aber mindestens ein Auto und wollte Geld. Denn in Iran ist das Trampen unbekannt. Nur wenige Menschen ist diese Art des Reisens bekannt. Von daher fragte ich immer, ob es ein Problem sei, dass ich kein Geld hätte. Drei Mal, da erst dann klar wird, ob das Angebot nicht eine Höflichkeit des Fahrers war.
Der erste Fahrer war ein Anwalt aus Teheran auf dem Weg nach Arak, der mich in Qom rausließ. Jedoch nicht ohne Fotos, auf denen er lächerlich posierte und meine Telefonnummer wollte. Zum Glück hatte ich am Vortag noch eine zweite SIM-Karte besorgt und ihn so zufrieden stellen.
In Qom musste ich etwas länger warten. Erst stand ich neben einer kleinen Baustelle, auf der gearbeitet wurde. Natürlich hatten die Arbeiter keine Ahnung, was ich tat.
*“Ich mache Autostop.“
#“Was, du willst mit Bus [Autobus] fahren?“
*“Nein, mit dem Auto.“
#“Also mit dem Taxi.“
*“Nein, ohne Geld mit Auto. Das ist kein Problem. Das heißt Auto-stop.“
#“Doch mit dem Bus?“.
*“VERDAMMT NOCHMAL!!! NEIN!!!!!“
Es war wirklich sehr nervig. Zumal mein Mund von ganzen „Es ist kein Problem“-Gerede (Moschkele nist) trocken wurde und ich irgendwann „Choschgele nist“ (Er ist nicht schön) sagte, was die Leute noch mehr verwirrte. Nach einer halben Stunde, es hielten nur Leute an, die Geld wollten, lief ich zweihundert Meter weiter, wo ich ungestört war. Und keine fünf Minuten später hielt ein alter Mann mit einem jüngerem auf dem Beifahrersitz, die nach Kaschan fuhren.
Während der Fahrt tranken sie Kaffee und boten mir auch welchen an. Und der alte Mann konnte sogar Österreich zuordnen, wo ich herkam.
In Kaschan (auf meinem Schild stand mittlerweile Abyaneh/Natanz) hielt dann ein Auto mit drei alte Frauen, die mir allerdings nur mitteilen wollten, dass sie nach Kaschan fahren. Eine wollte unbedingt, dass ich trotzdem mitkomme, aber schließlich sind sie gefahren. Nach 10 Minuten hielt dann ein Fabrikbesitzer aus Esfahan, der für mich einen Umweg bis nach Abyaneh machte und mich zum Mittag einlud. Nach noch nicht einmal fünf Stunden war ich dort. Natürlich sagte ich ihm dreimal, er bräuchte es nicht tun, aber ich glaube, er bereute trotzdem seine Entscheidung, da das Essen für iranische Verhältnisse ziemlich teuer war (7EUR) und er eine Eintrittsgebühr für Abyaneh (1,40EUR) zahlen musste.
Ich konnte jedenfalls gestärkt durch das Dorf laufen, in dem es leider nur so von quakenden Teenager-Mädchen wimmelte. Die „Ureinwohner“ taten mir wirklich Leid, war das Dorf mittlerweile doch voll auf den Tourismus eingestellt, mit der Möglichkeit in traditionellen Kostümen zu posieren. Abseits der winzigen Hauptstraße, bot sich dann ein ursprünglicheres Bild. Frauen redeten miteinander, ein Hirte hütete an einem kleinen Abhang zwischen Häusern seine Schafe und man wurde freundlich begrüßt. Im Gegensatz zu den Teenagern, die sich wie die Aasgeier um Fotos rissen.
Um 17Uhr machte ich mich dann auf, einen Schlafplatz auszuwählen. Ein paar hundert Meter neben der Straße verläuft ein kleines Rinnsal, das für die Bewässerung von grünen Gärten mit Apfelbäumen genutzt wird. Auf Höhe des nächsten Dorfes fand ich dann auch einen geeigneten Platz und nachdem das Zelt aufgebaut war, konnte ich im Schlafsack liegen, dem Prasseln des eingesetzen Regens lauschen. Die Luft war so rein in Deutschland und es war herrlich. Ein Hauch von Sommerurlaub war zu spüren.
Zu den Fotos von Abyaneh

Tag 60, 17.4, Freitag

Um 6.30Uhr stand ich auf, das Zelt war getrocknet und die Sonne strahlte das noch schlafende Dorf Tareh an. Um acht Uhr, begann ich Richtung Kaschan zu laufen, zur selben Zeit, wie I. sich auch im Bus aufmachte. Nach einer Stunde laufen, hielt mit dem zweiten Auto ein Taxifahrer und nahm mich zum Busbahnhof in Kaschan, wo wir kurz vor zehn ankamen. Auf dem Weg dorthin kamen wir an der Wiederaufbereitungsanlage von Natanz vorbei und in der Gegend standen mehrere Flakgeschütze herum.
Kurz nach halb elf traf dann auch I. ein und wir begaben uns in die Stadt. Ich hatte allerdings meinen Studentenausweis vergessen und hätte somit eigentlich den 10fach Touristenpreis zahlen müssen. Allerdings trat das Gegenteil ein. Ich erzählt jedem an der Kasse, dass ich meinen Ausweis vergessen hätte. So kam ich in den Fin-Garten kostenlos und in die folgenden zwei Museen I. kostenlos herein während ich den ermäßigten Preis zahlen durfte.
Da Freitag war, ist Kaschan nicht viel losgewesen; der Basar war wie ausgestorben und es herrschte eine entspannte Atmosphäre. Wir hatten einen schönen Tag und das Wochenende war gelungen.
Um 18Uhr fuhren wir dann wieder nach Esfahan bzw. Teheran zurück.
Zu den Fotos von Kaschan

Unter der Woche

Fotos von Abyaneh

Fotos von Kaschan