Woche 3 – Part 4/4 – Tochal II

Tag 23, 12.2, Donnerstag

Es war ein Faulenzertag und es hat fast unentwegt geregnet. Ich war einmal draußen; zum Brot holen.

Tag 24, 13.2, Freitag

Auch am letzten Wochenendtag hatte ich keinen wirklichen Plan, was ich machen sollte. Also stand ich um 4.45 Uhr auf und lief wieder auf den Tochal. Aber diesmal über Darband und nicht von Velenjak aus die Gondelstrecke entlang.
Diese Strecke ist steiler, also auf der Karte viel kürzer. Dadurch ist das Gipfelstürmen mit mehr Klettern verbunden und vielleicht auch anspruchsvoller. Dennoch ist der Weg schöner als die erste Route. Des Weiteren ist es schon ein erhabenes Gefühl durch den Schnee und bei starkem Wind (angeblich 80km/h) immer höher zu stapfen, die Stadt unter einem schrumpfen zu sehen und auch umgebende Berggipfel unter sich zu lassen. So könnten sich auch Norgay und Hillary beim Besteigen des Everest gefühlt haben, kommt einem in den Sinn. Dass einem hinter jeder Bergkuppe jedoch ein weiterer Anstieg und eine neue Kuppe erwartet, könnte hingegen auch ein bisschen deprimierend sein.
Auf dem Gipfel beträgt der Luftdruck übrigens nur noch 60%.
Pausen habe ich aber nicht gemacht. Auf dem Gipfel war ich bereits um 12 Uhr. Mit fünf Stunden ist das eine Stunde eher, als bei der ersten Besteigung, wenn man die Pause ignoriert; wobei ich um 5.35 Uhr vom Wohnheim los bin und erst um 6.55 Uhr von Darband habe losstiefeln können. Die Strecke bis dahin über den Tajrish musste ich laufen, da keine Busse und Taxen fuhren.
Kurz aufgehalten wurde ich von Mohammad, der unbedingt mit mir reden wollte, aber in schlechter physischen Zustand war, sodass ich immer wieder warten musste. Doch irgendwann ließ ich ihn dann hinter mir. Roman war übrigens bei einem Kumpel, sodass er nicht mitkommen konnte.
Auf dem Gipfel stoppte ich nur, ein wenige Fotos zu machen und lief dann zur Gondelstation. Das gar nicht mal so ein einfaches Unterfangen, denn der Wind war wirklich extrem stark und ließ mich schnell auskühlen. Die Fahrt mit der Gondel war angenehm, obwohl die Kabine erstaunlich eng war. Doch ich wollte mir den steilen Abstieg nicht antun und die Fahrt bis unten kostete auch nur 6,50€. Dort habe ich dann erst einmal meine Füße in der warmen Sonne aufgewärmt, bevor ich dann zurück zum Wohnheim gelaufen bin.
Am Nachmittag habe ich dann mit meinem Zimmerkollegen Arne und zwei weiteren Deutschen (Thomas und Pascal) Fußball gespielt und natürlich kamen dann nach einiger Zeit auch iranische Studenten, sodass es eine lustige Bolzrunde wurde.

Woche 3 – Revolutionstag – Teil 3/4

Tag 22, 11.2, Mittwoch

Der 11. Februar ist der Jahrestag der Islamischen Revolution 1979. Im 7 Uhr aufgestanden und mit Anahit und Mirela, einer anderen deutschen Studentin nach Enghelab gefahren, um der Feier bzw. dem Umzug beizuwohnen. Die Straßen in Velenjak und Tajrish waren wie leer gefegt. Auch die Metro war bis zum Umstieg vergleichsweise leer. Doch als wir von der roten (1) in die gelbe Linie (4) umstiegen, bin ich nicht in die erste Metro hineingekommen. Es war voller als zum Berufsverkehr in Moskau. Wer in den 2 Stationen vor Enghelab aussteigen wollte hatte schlechte Karten und sich das falsche Datum bzw. die falsche Uhrzeit ausgesucht. Es war ziemlich unmöglich. In Enghelab warteten wir dann noch ziemlich lange auf Jenja und ein Freund der Deutschen kam noch. Während wir am Ausgang warteten, wurden schon die ersten Bilder mit uns gemacht. Als Jenja und Anahit dann kamen und wir uns dem Marsch anschlossen, bekam der Holländer Schiss und ging wieder nach Hause.
Letztes Jahr wurden wohl drei Studenten vom Sprachinstitut festgenommen und fast alle sagten, wir sollten vorsichtig sein. Also verzichtete ich auf meine gelbe Jacke. Aber was die Veranstaltung dann nun?
Ich würde das ganze als Demonstration mit Volksfestcharakter beschreiben. Der zentrale Festplatz war anscheinend der Platz um den Azaditurm. Dort war ich erst zum Schluss, als alles nach drei Stunden vorbei war. Dort sollen aber die Studenten letztes Jahr gewesen sein. Von der östlichen Straße (Azadi Allee) liefen die Menschen zum Platz. Also wie, als wenn von Unter den Linden die Menschen zum Brandenburger Tor bzw. dem Pariser Platz marschieren.
Am Straßenrand waren Stände aufgestellt. Dort gab es Informationsmaterial, kostenloses Essen, Trinken, Chöre sangen, Musik wurde gespielt oder Mullahs/Geistliche hielten Reden. Es wurden verschiedene Plakate vergeben. Neben den Todesproklamationen auch Sprüche wie „Wir werden ewig widerstehen“, „Wir bleiben standhaft bis zum Ende“, „Freiheit, Unabhängigkeit – Islamische Republik“, „Tod oder Khomeini – mit meinem Blut geschrieben“, „Ich bin die Revolution“, „Ich liebe Mohammad. Ich hasse Terrorismus, ich verurteile die Verunglimpfung der heiligen Propheten“ sowie Bilder von Khamenei und Khomeini und natürlich wurde oft die iranische Flagge geschwenkt. Da es regnerisch war, war die Funktion der Plakate natürlich vielmals der eines Regenschutzes. Zwischendurch wurde dann von der Masse „Marg bar Amerika/Israel“ skandiert, öfters aber „Allah u akbar“ oder etwas in Verbindung mit Khomeini gerufen; doch selbst diese eher selten. Die Menschen waren nicht wirklich konservativer als sonst gekleidet, selbst bei vielen Frauen waren noch die Haare zu erkennen. Es liefen viele Familien mit – generell es war ein bizarres Bild. Vor einigen Ständen, die Essen oder Getränke verteilten kam es nicht selten zu Tumulten. Ganz so, als ob das ach so tolle Gespann Khomeini/Khamenei die Bevölkerung nicht ernähren können – wie Kim Jong Un, selbst dazu kommt vielleicht noch etwas…
Ein paar Male kamen Fotografen und vor allem viele Jugendliche, um uns zu fotografieren.
Und was soll man davon halten? Ich denke, diese Veranstaltung hat mehrere Aspekte. Zum einen soll mit dem öffentlichen Aufrechterhalten des Feindbildes USA/Israel(/der Westen) die Macht der Geistlichen gesichert werden. Sie rufen zum Widerstand, zum Widerstehen auf, appellieren an das Durchhaltevermögen des Volkes, nicht den Versuchungen nachzugeben. Sie werden (und nur sie sind dazu in der Lage) die Bevölkerung sicher und zu deren Zufriedenheit durch die schweren Zeiten zu führen.
Den Versuchungen wurde aber nachgegeben: Apple-Produkte, Microsoft, Google, Nestle, Danone, Coca-Cola und Pepsi, BMW, Mercedes und Porsche haben längst die Herzen der meisten Iraner erobert. Für diese, wenn sie denn teilnehmen, ist die Revolutionsveranstaltung einfach nur eine Möglichkeit, mal ein wenig „die Sau“ rauszulassen. Die Sprüche und Plakate sind dann Nebensache. Hier kommt meiner Meinung nach Aspekt zwei ins Spiel: Es ist wie die Fanmeile in Berlin. Da wird der Gegner teilweise auch auf das übelste beschimpft; und das sogar ohne politischen Hintergrund:

„[Land] ist scheiße, [Land] ist Dreck; eine kleine Bombe und [Land] ist weg.“ und es gibt sicherlich noch mehr Sprüche diesen Niveaus

Diese Schmähgesänge singt auch die Mehrheit mit, aber keiner würde den Inhalt je wahr werden lassen. Es geht um das Zusammenhaltsgefühl, Sticheleien, wenn man überlegen ist, um die gigantische Party, an der natürlich auch der Gegner gerne eingebunden wird. Abgesehen von ein paar Idioten, die aus der Reihe tanzen, wird friedlich zusammen gefeiert (selbstverständlich, solange das eigene Team gewinnt, sonst steigt die Anzahl der Idioten).
Nur vereinzelt wurden wir komisch angeschaut, ansonsten entweder mit Gleichmut behandelt oder freundlich angesprochen. Sehr schön fand ich die Situation, als ein Mann mich fröhlich im Iran Willkommen hieß, die Veranstaltung zeigt jedenfalls nicht den normalen Iran und Kritiker finden genügend Gelegenheit den Staat und sein Volk als extremistisch darzustellen.
Dennoch möchte ich betonen, dass ich es nicht gutheißen kann, wenn der Tod Amerikas oder Israels propagiert wird. Auch wenn es sich laut mehreren Aussagen nicht an die Bevölkerung richtet. Ich bin auch nicht mit dem Großteil der Außenpolitik beider Länder einverstanden. Als Andenken konnte ich so einem Plakat nicht widerstehen.

Zum Schluss mit Taxi zurückgefahren, das es geregnet hat und ich zufällig Anahit getroffen habe. Es hat nur 13000 Rial (32 Cent) gekostet und mein Bild vom teuren Taxifahren vielleicht nachhaltig verändert.


Das wollen die Skeptiker hören (ich weiß nicht, was der Typ erzählt, aber es hört sich bedrohlich und nach religiösem Fanatismus an):

Woche 3 – Teil 2/4

Tag 17, 6.2, Freitag

Wir haben uns größtenteils vom Wandern erholt und ich habe viel Zeit damit verbracht, den Blog auf Vordermann zu bringen. Nachmittags war ich Zari mit Saba in einem Café im ASP-Gebäude verabredet. Roman hatte dort auch eine Verabredung, sodass wir gemeinsam hin sind. Der Straßen waren allerdings so verstopft, dass ich eine Stunde zu spät angekommen bin.
Auf dem Heimweg habe ich noch nach Karlsruhe telefoniert und bin daher nicht mit dem Bus zum Umsteigehaltestelle gefahren. Als ich dann dort ankam, war es schon 22.30Uhr und kein Bus fuhr mehr (jedenfalls nicht nach Velenjak). Mit dem Taxi wollte ich nicht fahren und bin daher gelaufen. Insgesamt habe ich fast 2 Stunden nach Hause gebraucht. Da ich noch Hausaufgaben machen musste, bin ich erst um 1 Uhr ins Bett.

Tag 18, 7.2, Samstag

Die Wanderung steckt mir immer noch in den Knochen. Roman und ich machten auf dem Weg nach Hause einen Großeinkauf gemacht und ich habe es endlich geschafft, mit dem Digitalisieren der Vokabeln anzufangen. Außerdem habe ich noch Arbeit für Karlsruhe erledigt und war auch wieder bis um 1 Uhr wach.

Tag 19, 8.2, Sonntag

Schule, Basar, Lernen, um 1 Uhr ins Bett

Tag 20, 9.2, Montag

Ich hatte die Lesehausaufgabe nicht gemacht, weil das Digitalisieren der Vokabeln in meinen Augen wichtiger war. Dementsprechend habe ich dann im Unterricht dann rumgestottert und durfte die Hausaufgabe wiederholen.
Beim Geldwechseln habe ich einen eine Million Rial-Schein bekommen.
Nach der Schule bin ich mit mehreren anderen wieder zur Amerikanischen Botschaft. Da ich mit einigen anderen 50 Minuten eher da war, gönnten wir uns noch einen 25cm Sandwich (Falafel + Käse 1,30€).
In der Botschaft bekamen wir dann eine Führung, die freundlicherweise von einem dänischen Halbiraner übersetzt wurde. Das Erdgeschoss der Botschaft war der normale konsularische Teil, das Obergeschoss diente der CIA. Dort fand die Führung statt und der Korridor war mit Bildern vermeintlichen Gräueltaten der USA und ihrer Alliierten während des Irak-Iran-Krieg und der Frage nach der Wahrheit versehen.
Mit als Einleitung erwähnte der Führer, der Film Argo sei Quatsch, das hätte der kanadische Botschafter bestätigt. Nun ist es aber so, dass der kanadische Botschafter nur Kritik an der „marginalisierten Darstellung“ der Kanadier erhob, nicht am Inhalt. Obwohl Kanada 90% des Erfolgs und der CIA 10% zuzuschreiben sei, würde das Kräfteverhältnis umgekehrt dargestellt. Einzig die Frau des Botschafters kritisierte, sie hätte es besser gefunden, den Film „basierend auf wahren Ereignissen“ und nicht als komplett wahr zu deklarieren.
Wir wurden dann durch die Räumlichkeiten geführt, durch abhörsichere Gesprächsräume, Panzertüren-gesicherter Räume zur Kommunikation in die Staaten, Abhörräume und Räume, die zum Fälschen von Pässen und anderen Dokumenten genutzt wurden.

Der Macht des Schah wurde im Februar 1979 gebrochen, da sich die Iraner nicht dem Willen eines von den Imperialisten eingesetzten und zum Ende hin brutal gegen Oppositionelle (den Geistlichen) agierenden Herrschers beugen wollten und als freies Volk keine Diktatur dulden. Dass mit der Etablierung eines Obersten Geistlichen Führers keine Demokratie eingeführt, sondern die Diktatur fortgeführt wurde, bleibt natürlich unerwähnt. Denn die Mitglieder des Parlaments und den Präsidenten können sie nur aus einer vorher vom Wächterrat festgelegten Kandidatenliste wählen. Die Mitglieder, die den Wächterrat stellen, werden je zur Hälfte vom ausgesiebten Parlament und vom Obersten Führer bestimmt. Der Oberste Führer wird vom Expertenrat, der aus Mullahs, die vorher vom Wächterrat bestimmt werden und dann durch das Volk „gewählt“ werden, ernannt. Um es kurz zu machen: Der Oberste Geistliche Führer (im Moment Ayatollah Khamenei), seine Führungsriege und Vasallen bestimmen dann, was das Parlament und der Präsident beschließen darf, überwachen sich selbst, bestimmen über das Militär, das Verfassungsgericht und haben auch noch eine zweite Armee aus Anhängern, die ihre Macht sichern. In der Öffentlichkeit werden die Entscheidungen der Geistlichen aller Art aber selten erwähnt.

Im November 1979 wurde dann die US-Botschaft gestürmt und 444 Tage Geiseln genommen. Schwarze und Frauen wurden jedoch bald freigelassen und nur hochrangige Entscheidungsträger und CIA-Mitarbeiter seien noch, aber unter sehr guten Bedingungen, festgehalten worden. Sie hätten Essen auch anderen Botschaftskantinen bekommen, während die Studenten, die im Auftrag Khomeinis für Ordnung sorgten, nur „normales“ Essen bekamen. Es wurde sogar eine Weihnachtsfeier mit Weihnachtsbäumen veranstaltet.
Nicht unerwähnt blieb der Irak-Iran-Krieg in den frühen 80er Jahren. Die Iraker unter der Führung des von den USA eingesetzten Herrschers Saddam Hussein hätten die Wirren der Revolution nutzen wollen, um ihre Küstenlinie zu verlängern und ölreiche Gebiete zu erobern. Dank der Führung Khomeinis und mit Hilfe Allahs, der sicher auch hinter den Irakern stand…, konnten die Iraner eine Gebietsverlust verhindern und gingen aus dem Krieg zwar mit hohen Verlusten, aber doch im Geiste gestärkt hervor, den Iraker mit ihren westliche Unterstützern die Stirn geboten zu haben. So kamen chemische Waffen aus Deutschland, Minen aus Belgien, Kampfjets aus Frankreich und unterirdische Hangars wurden von Italiern errichtet. Niemand hätte auf der Seite Irans in dem 8 Jahre lange dauernden Krieges gestanden. Ebenbürtige Rache für Kriegsverbrechen an der iranischen Zivilbevölkerung wurden von Khomeini ausdrücklich verboten. Stattdessen soll er Kinder und junge Männer mit Aussicht auf das Paradies zum Minenräumen geschickt haben (Bilder dieser Opfer könnten es dann auch sein, die im Korridor hängen).
Nach all den Feindseligkeiten und den Sanktionen, neuerdings gegen eine friedliche Nutzung der Atomenergie Irans, obwohl so viele andere Staaten ohne Probleme Atomwaffen haben (selbst Nordkorea), seien die Rufe nach dem „Tod Amerikas und Israels“ nicht als Vernichtung der Völker sondern vielmehr als übertriebener Wunsch nach neuer Politik und neuen Regierungen verbunden. Der Neujahrsgruß von Obama im März 2014 (und sicherlich auch 2015) an das iranische Volk sei durch die gleichzeitige Intensivierung der Sanktionen und militärischen Drohungen, sei nichts wert.

Tag 21, 10.2, Dienstag

Da am Mittwoch die Islamische Revolution gefeiert wird, ist das der letzte Schultag diese Woche. Ich habe nix gemacht.
Am Abend bekam ich allerdings einen Vorgeschmack auf den kommenden Tag: Die iranischen Studenten gegenüber unseres Wohnheims skandierten gegen 21Uhr im Chor: „Allah u akbar“, „Marg bar amerika“ und „Marg bar Israel“. (Sie übersetzen es mit „Nieder mit Amerika/Israel“, „marg“ heißt aber lt. Wörterbuch „Tod“). Im Hintergrund wurden überall in der Stadt Feuerwerke gezündet. Eine ziemlich absurdes Bild, was mein Bestreben, am folgenden Tag an den Festivitäten teilzunehmen aber natürlich nicht schmälerte. Obwohl letztes Jahr wohl drei Studenten festgenommen wurden.

#Am Rande: Die normalen Busse des öffentlichen Nahverkehrs sind geteilt. Ein Teil ist für die Frauen, einer für Männer. Bei kleineren Busse, z.B. der, mit dem ich jeden morgen zur Schule fahre, die in etwa umgebauten Mercedes Sprintern entsprechen, gibt es diese Trennung nicht. In der Metro gibt es vorne und hinten Abteile nur für Frauen. Die anderen Teile sind gemischt, d.h. Frauen können überall einsteigen. Doch ist meiner Meinung nach vorteilhaft für die Frauen, da die Metro zum Berufsverkehr in den mittleren Wagen sehr voll wird. Die Abteile der Frauen sind jedoch so gut wie nie überfüllt.
Bleiben wir noch bei der Metro. Die Treppen werden, wie ja schon gezeigt, kaum benutzt und man wird komisch angeschaut, wenn man es doch tut. Es bilden sich sogar Schlangen vor den Rolltreppen. Lustig wird es nur, wenn die Rolltreppen dann ausfallen. Die Teheranis sind scheinbar so unfit, dass selbst wenn nur eine Höhendifferenz von fünft Metern überwunden wird, sie kechend oben ankommen.
Diese Woche habe ich auch das erste Schimpfwort gelernt: „an“. Es bedeutet Scheiße und steht auch als Abkürzung für AhmadiNedschad.

Woche 3 – Tochal – Teil 1/4

Tag 16, 5.2, Donnerstag

Roman und ich sind um 5 Uhr aufgestanden, um wieder wandern zu gehen. Diesmal hatten wir uns aber eine richtige Tour rausgesucht. Es sollte auf den Tochal gehen (3962m hoch). Wir hätten auch bis nach ganz oben mit der Gondel fahren können, aber wo wäre da die Herausforderung gewesen?
Um 6 Uhr brachen wir vom Wohnheim Velenjak (~1700m) auf und starteten die eigentliche Tour von der Basistation (1904m) um 6.30 Uhr. So bekamen wir den Sonnenaufgang über Teheran mit. Außerdem wehte über der Stadt ein heftiger Wind, sodass an diesem Tag endlich mal ein freier Blick möglich war, aber sicherlich eine glücklich Ausnahme darstellte.
Selbst zu der frühen Uhrzeit waren erstaunlich viele Menschen unterwegs (meistens im besten Alter, d.h. 40 Plus, keine Grenze nach oben) und uns kamen sogar einige entgegen.
Drei Stunden später kamen wir an der 3. Gondelstation an, die von den meisten Wanderern als Ziel genutzt wird. Sie liegt auf 2500 Metern und wir machten eine Essenspause. Die Wandergemeinschaft Irans ist wohl ein eingeschworener Kreis und so wurden wir herzlich begrüßt und zu Ei, Tee und Suppe eingeladen.
Auf unsere Antwort, dass unser Mittagessen aus Brot, Äpfeln und Bananen bestehen würde, kamen nur ungläubige und mitleidige Blicke.
Als ich unseren zwei Wohltätern als kleines Dankeschön für die Stärkung Gummibärchen mit dem Hinweis, dass auch Moslems diese bedenkenlos essen können, schenkte, wurde mir schelmisch grinsend erklärt, sie seiend doch keine Moslems!
Bevor wir uns dann dem Gipfelsturm zuwendeten, zogen wir jeder noch eine Schicht Klamotten an. Ich war alsbald mit zwei Unterhosen und einer Outdoorhose sowie einem T-Shirt, einem Hemd, einer Fleecejacke und einer winddichte Jacke mit Kapuze und Mundschutz, einem Schal und zwei Paar Handschuhen ausgerüstet. Es konnte also losgehen. Auf dem Gipfel waren -13°C angekündigt, auf der 3. Station waren bereits -4°C.
Wir kämpften uns weiter aufwärts, alle überholend, Schneewehen und starken Winden trotzend. Manchmal mussten aber die Handschuhe wieder ausgezogen und die Jacken aufgemacht werden, weil die Sonne und die Bewegung genug Wärme spendete. Immer weiter hinauf ging es, auf schmalen Graten und an steilen Abhängen entlang – ok ganz so gefährlich war es vielleicht doch nicht, aber gelogen ist das auch nicht.
Die Höhenluft machte mir zum Glück nicht wirklich zu schaffen und nach 6,5 Stunden (vom Losgehen am Wohnheim gerechnet) erreichten wir die Gipfelstation (~3700m) um 12.30 Uhr. Dort ist auch das Tochal-Skigebiet, allerdings sind die Abhänge ziemlich flach. Das letzte Stück zum Gipfel (1,7km) war dann noch einmal ziemlich hart. Es ging wundersamer Weise bergauf und da habe ich die Höhe dann schon gespürt. Der Anstieg war ziemlich anstrengend und ich konnte nur kleine Schritte machen, auch Roman fiel es nicht leicht.
Doch dann waren wir oben. Auf fast viertausend Metern! Nach 7 Stunden. Es war unglaublich, auch, dass der Blick so klar war. Wir konnten bis zum Damavand (5604m), dem höchsten Berg im Nahen Osten, blicken. Auch er wird irgendwann fällig. Nach ein paar Bildern gingen wir in das kleine Metalliglu, uns aufwärmen und etwas zu essen. Alle Leute mit deren Klamotten ließen uns wie blutige Amateure aussehen, aber Deutsche und Österreicher sind halt harte im Nehmen…
Jedenfalls wurden wir wieder auf Tee eingeladen und es wurden viele Fotos geschossen. Nachdem wir unsere durchnässten Socken gegen frische gewechselt hatten, machten wir uns an den Abstieg. Durch den vielen Schnee und den durch die Wärme entstandenen Matsch war dieser nicht wirklich schneller, allerdings machten wir keine Pause. Roman nahm für das letzte Stück die Gondel; ich konnte nicht anders, als wirklich alles bis zum Wohnheim zu laufen. Nach ein bisschen weniger als 13 Stunden, ca. 32 km Wegstrecke und mindestens 5200m Höhendifferenz kam ich schlussendlich um 19 Uhr dort an.
Es war die längste Wanderung, die ich bisher an einem Tag gemacht hatte und eine klasse Aktion, die wir leider nicht mit einem Bier feiern konnten. Unsere Lungen haben wir nach 2 Wochen dreckigster Luft ordentlich durchlüften können auch die Stille war eine willkommene Abwechslung. Und natürlich hat auch die Sonne geschienen und natürlich habe ich mich nicht eingecremt und natürlich habe ich jetzt leichten Sonnenbrand.
Bevor wir dann total erschöpft ins Bett gefallen sind, haben wir uns – mit einigen Tagen Verspätung – noch den Kölner Tatort angeschaut.

Week One – Part 1/2

Day 0-1, 20.1.-21.1.2015, Berlin-Kyiv-Tehran

At 14.50 I flew with an Embraer 190 from Berlin-Tegel to Kyiv. There I had a stop-over of two hours, until I continued with the exact same air plane as before to Tehran. I have never experienced such an empty plane: Not even 2/5 of the seats were reserved and I was the only one from „the West“. Apart from three Ukrainians all other passengers were Iranian.
Having arrived in Tehran at Imam Khomeini Airport (IKA) at 1.30am, I had no problems with the entry at all. Then I sat down reading for three hours until Anahit, with whom I was appointed, arrived from Moscow respectively Istanbul. We chatted till 6.30 and then took a taxi into town (650 000 Rial – 13€). The view was amazing, since the sun just rose and let the snowy mountains shimmer in a soft pink.
After having finished the bureaucracy, we exchanged money. The course was 1€:40 000IRR, I exchanged 450€, so for a short time I became a multi millionaire. Then we drove to the dormitory, brought our luggage on the rooms and took a nap for two hours. Still tired we walked to Tajrish to buy SIM cards and food on the basar. Before going exhausted to bed, we drank a tea opposite the dorm where one of three young girls surprisingly didn’t give anything on the hijab obligation.

Day 2, 22.1, Tehran

After a long sleep until 11 am (7.30 UTC), I met one of my two room-mates Roman. He’s a 42-yo Austrian and doesn’t know any Farsi. This fact was going to qualify him to be in the same class as I would be in. He’s a super cool guy.
We went to the bakery which is fortunately just across the street and offers fresh bread any time of the day. After breakfast we met with Zari, whom I met for the first time four years ago. We walked all the way – it was a long walk and made a detour via our language school. At Zari’s we ate dinner and chatted. After having walked back to the dorm again we went to bed quite exhausted.

Day 3, 23.1

At noon Arne arrived, who is the last room-mate. I didn’t do much. I walked to Tovchal (or Tochal) cabin station with Roman. It is the starting point for skiers and snowboarders who can go up to 4000m. In the evening two friends of Arne, Maren and Renate, came over and prepared a simple German potato salad.

Day 4, 24.1

It was the first day of school. We had to be there at 8 o’clock. On the bus we took, Kazim talked to me. It appeared he had worked in the Iranian Consulate in Frankfurt 50 years ago. He could still speak very good German and insulted the „dirty mullahs“, what fortunately was understood by nobody else.
During the class it snowed non-stop. The classes are Saturday to Wednesday from 9 till 12; with a break from 10.15 to 10.45. At first the teacher taught us a part of the Persian Alphabet and made Roman going crazy because of her beauty. I got to know a funny Chinese girl, Zhihui, who’s always in a good mood, laughs a lot and likes Indian and Pakistani guys very much.
After class I met with Zari again. When I returned to the dorm, I made my homework: One line for each new learned word (there were 30) to practice writing. Although I could still write the letters quite well, it took a long time.
Though in the end I still went running. Since Velenjak – the quarter where the dorm is located – is at 1200m height, I was exhausted faster than usual and of course I ran a great detour. In addition even in the evening the air is still polluted, so running outside is rather bad for one’s health in Tehran. Unfortunately the pavements are in a bad shape from time to time as well, being interrupted by constructions. That’s why I usually ran on the street since there were not that many cars at 11pm. Still I was horned at a couple of times. But I don’t care: Only because of some little obstacles I won’t let a part of my free western lifestyle be taken away from me.

Background picture: Tehran at night, view from the dormitory in Velenjak, 2015 all rights reserved

Wie alles begann

Das Jahr 2014 war einmalig und vielleicht das bisher beste überhaupt. Es lag auch daran, dass ich meine Zeit, in der ich beschäftigt war, auf einen bestimmten Zeitraum konzentrieren konnte und dann entsprechend viel Freizeit zur Verfügung hatte. Reisen zu Russlands neuer Errungenschaft – der Krim – sowie eine 700km-Fahrradtour durch Deutschland, Trampen durch Südwesteuropa und spontane Ausflüge nach Schweden und in die USA sprangen dabei heraus.
Aber natürlich konnte es so nicht weitergehen. Deshalb hatte ich mich Ende Oktober für den ersten von sechs Sprachkursen (Farsi bzw. Persisch) in Teheran (Iran) beim Dehkhoda Lexicon Institute beworben.

Erst als ich am 22. Dezember nach Hause getrampt bin, habe ich die endgülitge Teilnahmebestätigung bekommen. Einen Tag vor Silvester gab ich also meinen Pass ab. Am 7. Januar holte ihn dann mein Papa ab – inklusive Visum! Ich buchte sofort den Flug nach Teheran über Kiew mit Ukraine International Airlines für den 20. Januar – in Teheran am IKA würde ich dann am 21. um 1.30 in der Früh ankommen.

Aber ich musste natürlich noch irgendwie meine Sachen aus meinem Raum in Karlsruhe räumen. Zum Glück hatte ich nur ein Bettsofa, einen Schreibtisch, einen kleinen Tisch und eine Art Regal. Verkauft habe ich das Bett und das andere auf den Sperrmüll geschmissen – hatte ich eh kostenlos bekommen.

Am 14. Januar habe ich dann Abschied von Karlsruhe genommen, brach mit viel Gepäck per Bahn Richtung Berlin auf und ließ zwei großartige Jahre mit neuen Freunden und schönen Momenten zurück.

Ach ja, und das Ganze ist kein Urlaub; ich mache das nicht aus Spaß und Langeweile – jedenfalls nicht zu 100%.

Wenn es zu irgendwas Fragen oder Wünsche gibt, schreibt einfach eine Mail (blog@johannes-nickel.de) oder einen Kommentar oder abonniert den Newsletter.

Hintergrundbild: Indianerbrunnen mit Bierkasten, Werderplatz, Südstadt, Karlsruhe – 2015, all rights reserved